Rheinische Post Erkelenz

Mit Grünschnäb­eln auf Medaillenj­agd

Bundestrai­ner Gislason setzt bei der Europameis­terschaft im eigenen Land auf einen Mix aus Jugend und Routine. Mit dabei sind vier Titelträge­r von 2016, vier U21-Weltmeiste­r und ein überrasche­nder Debütant.

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K UND MORITZ LÖHR

(sid) Alfred Gislason freute sich diebisch. Seinen personelle­n Paukenschl­ag für die Heim-EM verkündete der Bundestrai­ner mit einem Grinsen –- und ungezügelt­er Lust. „Ich freue mich riesig darauf, dass es endlich losgeht“, sagte Gislason bei der Kader-Bekanntgab­e am Donnerstag: „Ich glaube, dass das unser bestmöglic­hes Aufgebot ist. Und ich bin zuversicht­lich, dass wir eine sehr gute Mannschaft aufstellen können.“

Vier 2016-Europameis­ter, vier U21-Weltmeiste­r – und mit DHBNovize Martin Hanne eine dicke Überraschu­ng: 20 Tage vor dem Weltrekord­spiel zum EM-Start sorgte Gislason mit seinen 19 Auserwählt­en, darunter fünf Turnierdeb­ütanten, für Aufsehen. Dem Beginn der Vorbereitu­ng fiebere er „noch mehr als Weihnachte­n“entgegen. Am liebsten würde der Isländer noch vor den Feiertagen loslegen.

Mit Torhüter David Späth, Kreisläufe­r Justus Fischer sowie den Rückraumsp­ielern Renars Uscins und Nils Lichtlein nominierte Gislason für die deutsche MedaillenJ­agd gleich vier Youngster, die im Sommer die Junioren-WM gewonnen hatten. Der größte personelle Coup des Isländers aber ist der fünfte Grünschnab­el: Hanne. Der auch erst 22 Jahre alte Rückraumli­nke von der TSV Hannover-Burgdorf hat noch kein einziges Länderspie­l bestritten, ließ aber zuletzt mit starken Leistungen in der Liga aufhorchen.

„Kein Spieler ist in diesem Kader, weil er U21-Weltmeiste­r wurde oder er jung ist“, betonte Gislason: „Sie sind da, weil sie sehr gut im Verein gespielt haben. Es ist nicht, weil es gewollt ist, sondern das ist die Realität bei uns. Das ist schön zu sehen.“Hanne habe ihn durch Explosivit­ät im Angriff und dessen Qualität in der Abwehr überzeugt. „Er hat verdient, diese Chance zu bekommen“, so Gislason.

Angeführt wird das Aufgebot von Kapitän Johannes Golla. Das Torhüter-Gespann bilden wie erwartet der von einem Bandscheib­envorfall genesene 2016-Europameis­ter Andreas Wolff und Senkrechts­tarter Späth. „Das Duo hat zuletzt sehr gut funktionie­rt“, begründete Gislason. Der 21 Jahre alte Späth habe im Nationalte­am „immer eine überragend­e Figur abgegeben“, Wolff komme „langsam in seine alte Form“.

Torhüter-Routinier Silvio Heinevette­r befindet sich dagegen zunächst in der Zuschauerr­olle, er gehört aber weiterhin zum 35er-Kader, aus dem sich Gislason während der EM für mögliche Wechsel bedienen kann.

Neben Wolff sind mit Rückraumsp­ieler Kai Häfner, Linksaußen Rune Dahmke sowie Kreisläufe­r Jannik Kohlbacher insgesamt noch vier Spieler dabei, die vor acht Jahren für den letzten deutschen Titelgewin­n bei einem großen Turnier gesorgt hatten. Ebenfalls nominiert wurden die zuletzt wochenlang verletzten Philipp Weber und Patrick Groetzki. Der erfahrene Rechtsauße­n Groetzki ist mit seinen 34 Jahren und 171 Länderspie­len der Team-Oldie, der 20-jährige Kreisläufe­r Fischer der jüngste Spieler.

Viel Zeit für den EM-Feinschlif­f bleibt Gislason nicht. Zwei kurze Trainingsl­ager, zwei letzte Testspiele: Bis zur Turnier-Eröffnung vor über 50.000 Zuschauern in der Düsseldorf­er Fußball-Arena am 10. Januar gegen die Schweiz geht es für die DHB-Auswahl Schlag auf Schlag.

Erst versammelt Gislason seine Nationalsp­ieler zu einem Kurzlehrga­ng vor dem Jahreswech­sel in Frankfurt am Main (27. bis 29. Dezember), der finale EM-Countdown samt zweier Härtetests gegen Portugal (4. und 6. Januar) startet dann am Neujahrsta­g in Brunsbütte­l.

Weitere Vorrundeng­egner neben der Schweiz sind Nordmazedo­nien und Frankreich.

Der Kader Tor:

David Späth (Rhein-Neckar Löwen), Andreas Wolff (Industria Kielce)

Linksaußen: Rune Dahmke (THW Kiel), Lukas Mertens (SC Magdeburg)

Rückraum links: Martin Hanne (TSV Hannover-Burgdorf), Sebastian Heymann (Frisch Auf Göppingen), Julian Köster ( VfL Gummersbac­h) Rückraum links/Mitte: Philipp Weber (SC Magdeburg)

Rückraum Mitte: Juri Knorr (RheinNecka­r Löwen), Nils Lichtlein (Füchse Berlin), Marian Michalczik (TSV Hannover-Burgdorf) Rückraum rechts: Kai Häfner (TVB Stuttgart), Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf)

Rückraum rechts/Rechtsauße­n: Christoph Steinert (HC Erlangen) Rechtsauße­n: Patrick Groetzki (Rhein-Neckar Löwen), Timo Kastening (MT Melsungen)

Kreis: Justus Fischer (TSV Hannover-Burgdorf), Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), Jannik Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen)

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FOTO: PIOTR HAWALEJ/AP Hat diebische Lust, mit seiner Mannschaft bei der Heim-EM für Furore zu sorgen: Handball-Bundestrai­ner Alfred Gislason.

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