Mit Grünschnäbeln auf Medaillenjagd
Bundestrainer Gislason setzt bei der Europameisterschaft im eigenen Land auf einen Mix aus Jugend und Routine. Mit dabei sind vier Titelträger von 2016, vier U21-Weltmeister und ein überraschender Debütant.
(sid) Alfred Gislason freute sich diebisch. Seinen personellen Paukenschlag für die Heim-EM verkündete der Bundestrainer mit einem Grinsen –- und ungezügelter Lust. „Ich freue mich riesig darauf, dass es endlich losgeht“, sagte Gislason bei der Kader-Bekanntgabe am Donnerstag: „Ich glaube, dass das unser bestmögliches Aufgebot ist. Und ich bin zuversichtlich, dass wir eine sehr gute Mannschaft aufstellen können.“
Vier 2016-Europameister, vier U21-Weltmeister – und mit DHBNovize Martin Hanne eine dicke Überraschung: 20 Tage vor dem Weltrekordspiel zum EM-Start sorgte Gislason mit seinen 19 Auserwählten, darunter fünf Turnierdebütanten, für Aufsehen. Dem Beginn der Vorbereitung fiebere er „noch mehr als Weihnachten“entgegen. Am liebsten würde der Isländer noch vor den Feiertagen loslegen.
Mit Torhüter David Späth, Kreisläufer Justus Fischer sowie den Rückraumspielern Renars Uscins und Nils Lichtlein nominierte Gislason für die deutsche MedaillenJagd gleich vier Youngster, die im Sommer die Junioren-WM gewonnen hatten. Der größte personelle Coup des Isländers aber ist der fünfte Grünschnabel: Hanne. Der auch erst 22 Jahre alte Rückraumlinke von der TSV Hannover-Burgdorf hat noch kein einziges Länderspiel bestritten, ließ aber zuletzt mit starken Leistungen in der Liga aufhorchen.
„Kein Spieler ist in diesem Kader, weil er U21-Weltmeister wurde oder er jung ist“, betonte Gislason: „Sie sind da, weil sie sehr gut im Verein gespielt haben. Es ist nicht, weil es gewollt ist, sondern das ist die Realität bei uns. Das ist schön zu sehen.“Hanne habe ihn durch Explosivität im Angriff und dessen Qualität in der Abwehr überzeugt. „Er hat verdient, diese Chance zu bekommen“, so Gislason.
Angeführt wird das Aufgebot von Kapitän Johannes Golla. Das Torhüter-Gespann bilden wie erwartet der von einem Bandscheibenvorfall genesene 2016-Europameister Andreas Wolff und Senkrechtstarter Späth. „Das Duo hat zuletzt sehr gut funktioniert“, begründete Gislason. Der 21 Jahre alte Späth habe im Nationalteam „immer eine überragende Figur abgegeben“, Wolff komme „langsam in seine alte Form“.
Torhüter-Routinier Silvio Heinevetter befindet sich dagegen zunächst in der Zuschauerrolle, er gehört aber weiterhin zum 35er-Kader, aus dem sich Gislason während der EM für mögliche Wechsel bedienen kann.
Neben Wolff sind mit Rückraumspieler Kai Häfner, Linksaußen Rune Dahmke sowie Kreisläufer Jannik Kohlbacher insgesamt noch vier Spieler dabei, die vor acht Jahren für den letzten deutschen Titelgewinn bei einem großen Turnier gesorgt hatten. Ebenfalls nominiert wurden die zuletzt wochenlang verletzten Philipp Weber und Patrick Groetzki. Der erfahrene Rechtsaußen Groetzki ist mit seinen 34 Jahren und 171 Länderspielen der Team-Oldie, der 20-jährige Kreisläufer Fischer der jüngste Spieler.
Viel Zeit für den EM-Feinschliff bleibt Gislason nicht. Zwei kurze Trainingslager, zwei letzte Testspiele: Bis zur Turnier-Eröffnung vor über 50.000 Zuschauern in der Düsseldorfer Fußball-Arena am 10. Januar gegen die Schweiz geht es für die DHB-Auswahl Schlag auf Schlag.
Erst versammelt Gislason seine Nationalspieler zu einem Kurzlehrgang vor dem Jahreswechsel in Frankfurt am Main (27. bis 29. Dezember), der finale EM-Countdown samt zweier Härtetests gegen Portugal (4. und 6. Januar) startet dann am Neujahrstag in Brunsbüttel.
Weitere Vorrundengegner neben der Schweiz sind Nordmazedonien und Frankreich.
Der Kader Tor:
David Späth (Rhein-Neckar Löwen), Andreas Wolff (Industria Kielce)
Linksaußen: Rune Dahmke (THW Kiel), Lukas Mertens (SC Magdeburg)
Rückraum links: Martin Hanne (TSV Hannover-Burgdorf), Sebastian Heymann (Frisch Auf Göppingen), Julian Köster ( VfL Gummersbach) Rückraum links/Mitte: Philipp Weber (SC Magdeburg)
Rückraum Mitte: Juri Knorr (RheinNeckar Löwen), Nils Lichtlein (Füchse Berlin), Marian Michalczik (TSV Hannover-Burgdorf) Rückraum rechts: Kai Häfner (TVB Stuttgart), Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf)
Rückraum rechts/Rechtsaußen: Christoph Steinert (HC Erlangen) Rechtsaußen: Patrick Groetzki (Rhein-Neckar Löwen), Timo Kastening (MT Melsungen)
Kreis: Justus Fischer (TSV Hannover-Burgdorf), Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), Jannik Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen)