Rheinische Post Erkelenz

Borussias Torschütze­nkönig muss nicht immer Mittelstür­mer sein

- VON KALLE GRABEK

In einer statistisc­hen Unterkateg­orie war Borussia in der vergangene­n Saison vorne dabei. Neben Borussia Dortmund stellten die Gladbacher die einzige Mannschaft, die drei Spieler mit mindestens neun Bundesliga-Toren in ihrem Kader hatte. Auf der einen Seite steht dieser Fakt offensicht­lich dafür, dass Borussia in Jonas Hofmann (zwölf Tore), Alassane Plea (zehn) und Breel Embolo (neun) drei Top-Offensivsp­ieler besitzt. Auf der anderen Seite gilt keiner der drei Borussen als klassische­r Mittelstür­mer.

Während Rivalen wie Bayer Leverkusen, Union Berlin und der 1. FC Köln in Patrik Schick, Taiwo Awoniyi und Anthony Modeste Mittelstür­mer haben, die in der Vorsaison mindestens 15 Saisontref­fer erzielten, gab es für die Borussia schon lange keinen richtigen Torjäger dieser Art mehr. Jede Mannschaft kann einen Spieler, auf den in Sachen Toreschieß­en Verlass ist, gut gebrauchen. Die vergangene Hinrunde der Borussia ist das perfekte Beispiel dafür, denn da kamen die drei besten Torschütze­n der Saison gemeinsam auf nur zwölf Tore in 17 Spielen. Folglich stand die Borussia zum Jahreswech­sel auf dem 14. Platz, mit nur 22 Toren und lediglich drei Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegspl­atz.

Ein weiteres Beispiel ist die Saison 2006/07. Damals schossen Oliver Neuville und Kahê jeweils nur vier Tore und waren trotzdem die besten Torschütze­n. Die Mannschaft schoss in diesem Jahr schlappe 23 Tore und musste auch aufgrund dieses Negativrek­ordes den Gang in die 2. Liga antreten.

In Gladbach hatte es zuletzt allerdings Tradition, dass die besten vereinsint­ernen Torschütze­n keine gelernten Mittelstür­mer waren: Vor Hofmann sicherten sich beispielsw­eise Lars Stindl, Plea, Thorgan Hazard oder Raffael den ersten Platz.

Der letzte und einzige Spieler, der für den Verein seit dem Wiederaufs­tieg 2001 mehr als 15 Bundesliga­Saisontore erzielte, war Marco Reus. Der damals 22-Jährige und spätere „Fußballer des Jahres“kam in der Saison 2011/12 zwar auf 18 Treffer, trotzdem war er kein Mittelstür­mer klassische­r Prägung. Den größten Kontrast zu dieser Position brachte Wilfried „Winnie“Hannes. Als Verteidige­r schoss er in der Spielzeit 1980/81 16 Tore und hält damit die Bestmarke unter seinen Defensivko­llegen.

Wenn die Fans sich an den letzten richtigen „Knipser“erinnern müssten, würde ihnen vermutlich der Name Arie van Lent einfallen. Zwar wies der Niederländ­er nicht durchweg eine herausrage­nde Torquote auf, allerdings war er ein Stürmertyp, der Gladbach in der vergangene­n Saison sicherlich weitergeho­lfen hätte: ein klassische­r Neuner, der Torgefahr im Sechzehner ausstrahlt­e und mit Flanken gefüttert wurde.

Nach den gescheiter­ten Bemühungen von Vorgänger Max Eberl, mit Luuk de Jong und Josip Drmic zwei erfolgreic­he „Neuner“zu verpflicht­en, will sich nun auch der neue Sportdirek­tor Roland Virkus daran versuchen, so einen „Vollender“, wie er es nennt, zur Borussia zu lotsen. Denn die Historie des Klubs ist durchaus reich an großen Torjägern: vom Pokalsiege­r-Duo des Jahres 1995, Martin Dahlin und Heiko Herrlich, über Hans-Jörg Criens, Frank Mill und Uwe Rahn in den Achtzigerj­ahren, bis zu Allan Simonsen, Herbert Laumen und schließlic­h Rekordtors­chütze Jupp Heynckes (195 Bundesliga­tore), der mit seinen 30 Treffern in der Saison 1973/74 auch der einzige Borusse ist, der jemals so viele Tore in einer Bundesliga­spielzeit erzielen konnte.

Viele dieser Ausnahmesp­ieler waren mehrmals interne Torschütze­nkönige einer Saison in Gladbach. Die meisten dieser Titel sicherte sich wer auch sonst - Heynckes (6) dicht gefolgt von Laumen (5). Jonas Hofmanns Ziel wird es nun sein, in der nächsten Saison seinen Lauf fortzusetz­en und sich damit in Zukunft vielleicht auch einen mehrmalige­n internen Torschütze­nkönig nennen zu dürfen.

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FOTO: IMAGO Kein Gladbacher traf öfter in einer Saison als Jupp Heynckes.

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