Energiekosten führen in die Schuldenfalle
Mit messbaren Effekten rechnet die Schuldner- und Insolvenzberatung in den kommenden Monaten.
KREIS HEINSBERG (stva) Entgegen den Erwartungen hat die CoronaPandemie zu keinem starken Anstieg der Überschuldung und Insolvenzen im Kreis Heinsberg geführt. Das geht aus dem Jahresbericht 2021 der Schuldner- und Insolvenzberatung hervor, die das Diakonische Werk des Kirchenkreises Jülich in Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Heinsberg in Hückelhoven betreibt. Demnach ist die Quote von 11,6 auf 10,3 Prozent gesunken.
Einen Grund zur Entwarnung gebe es allerdings nicht, sagte Tonja Schreck, die Leiterin der Einrichtung. „Der Effekt durch Corona könnte nachgelagert sein, da viele noch über einen längeren Zeitraum über die Runden kommen.“Personen mit niedrigem Einkommen oder in prekären Arbeitsverhältnissen hätten zwar keine finanziellen Reserven, würden aber häufig versuchen, Einkommenseinbußen über Kleinkredite zu kompensieren. Außerdem werde eine drohende Überschuldung teilweise durch staatliche Hilfsmaßnahmen abgefedert. „Die Prognose lässt uns nicht erfreut in die Zukunft blicken“, sagte Schreck bei der Vorstellung des Jahresberichtes.
Die Stagnation der Überschuldung geht laut der Schuldnerberatung allerdings nicht mit einem Rückgang der Beratungsfälle einher: Diese lag mit knapp 1400 Fällen im vergangenen Jahr wieder fast auf dem Niveau vor Corona (2019: rund 1500 Fälle). Davon hatten knapp 540 Ratsuchende die Schuldnerberatungsstelle erstmals aufgesucht. 2020 war die Zahl der Fälle zwischenzeitlich auf 1300 gesunken, verursacht durch eine Reform des Insolvenzrechts, die das Verfahren von sechs auf drei Jahre verkürzt hat und erst Ende 2020 in Kraft trat. Die Folge: Viele stellten den Antrag 2021.
Auch während der Hochphase der Pandemie war die Beratungsstelle telefonisch erreichbar, Präzenztermine waren der Krisenintervention vorbehalten.
Wie Berater Michael Ertel ausführte, ist für die Betroffenen vor allem ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto von großer Wichtigkeit, um zumindest über einen Teil ihres Guthabens zu verfügen und auch weiterhin am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen zu können. „Der Grundfreibetrag beträgt aktuell 1260 Euro pro Monat“, sagte Ertel. Bei bestehenden Unterhaltspflichten könne die Summe per Bescheinigung aufgestockt werden.
Zu schaffen machen Haushalten mit geringem Einkommen vor allem die stark gestiegenen Energiepreise. Höhere Regelsätze für Bezieher von Arbeitslosengeld II und eine einmalige Pauschale seien nicht ausreichend, um die höheren Stromkosten zu decken, sagte Schuldnerberaterin Lenka Schmitz. Hier müsse der Gesetzgeber dringend Abhilfe schaffen.