Ende der Hängepartie bei Abellio in Sicht
Wettbewerber wie DB Regio könnten viele Strecken übernehmen. Doch drohen dann mehr Verspätungen.
DÜSSELDORF Der Streit der NRWVerkehrsverbünde mit dem privaten Eisenbahnunternehmen Abellio nähert sich einer Entscheidung: Die für den Schienenpersonalverkehr zuständigen Aufgabenträger Verkehrsverbund Rhein-Ruhr ( VRR), Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) planen, spätestens Mitte Dezember fast alle bisher von der in NRW tätigen Abellio Rail GmbH betriebenen S-Bahnen und Regionalzüge an Wettbewerber zu vergeben. Das sagte der Vorstandssprecher des VRR, Ronald Lünser, am Mittwoch bei einer Sitzung des Verkehrsauschusses im Landtag. Die neue NRWVerkehrsministerin Ina Brandes (CDU) ergänzte, es sei bisher nicht gelungen, mit der insolventen Abellio eine Einigung über die Fortführung der Verträge zu finden.
Konkret geht es darum, dass Abellio einige besonders verlustreiche Strecken wie den RRX (RE1) in zwei Jahren abgeben will. Nach Ansicht der Verkehrsverbünde hat das Unternehmen aber eine ausreichende Entschädigung dafür verweigert, dass die Strecken dann zu höheren Kosten neu ausgeschrieben werden müssen, obwohl die Verträge hierfür noch rund zehn Jahre laufen. Lünser zufolge würde Abellio nur anbieten, 13 Prozent des Schadens auszugleichen. Nun soll Abellio bis Freitag mitteilen, ob es ein wesentlich besseres Angebot gibt. Wenn es keine Einigung gibt, geht Abellio in NRW fast automatisch in Konkurs. Dann wäre die Neuvergabe der Verträge zwingend.
Die Ministerin betonte, das Land habe viel getan, um einen Kompromiss zu ermöglichen. So sei beschlossen worden, dass die Verkehrsverbünde deutlich mehr Geld erhielten, um den Bahnunternehmen unverschuldet entstandene höhere Kosten zu erstatten. Dazu gehörten insbesondere teure Tarifabschlüsse
und Strafzahlungen für unverschuldete Verspätungen wegen immer mehr Baustellen im Schienennnetz. Aber es sei nicht möglich, dass Abellio einseitig aus vor Jahren geschlossenen Verträgen aussteige nur weil man damals zu günstig angeboten hatte, heißt es seitens der Verkehrsverbünde. Der CDU-Abgeordnete Klaus Voussem wies darauf hin, dass die niederländische Staatsbahn Eigentümer von Abellio sei, der Konzern solle zu seinen Verpflichtungen stehen.
Wenn die Abellio-Strecken von Wettbewerbern betrieben würden, würde dies keine höheren Preise für die Kunden bedeuten, weil die Verkehrsverbünde die Tarife festlegen. Experten befürchten jedoch, dass es dann viele Verspätungen oder Zugausfälle geben könnte, falls die Übergabe des Personals nicht funktioniert.
Abellio in NRW hat rund 1000 Mitarbeiter. Schon jetzt herrscht die Sorge, dass Strecken Not leiden könnten, weil Beschäftigte sich einen anderen Job suchen, der Betriebsrat hatte die Politik zur Rettung der Firma aufgefordert.
Es geht um einen großen Teil des Schienennahverkehrs in NRW. Abellio fährt für die Verkehrsverbünde 21 Millionen Zugkilometer im Jahr. Egal, wie es ausgeht. Teuer wird das Ende der Verträge mit Abellio sicher: Die für zwei Jahre in die Bresche springenden Wettbewerber fordern für den Betrieb wesentlich mehr Geld als Abellio.