Rheinische Post Erkelenz

Auszeit und Erholung für alle

Raus aus dem Berufsallt­ag und nicht an den Job denken: Urlaub ist Balsam für Körper, Geist und Seele. Wer über seine Rechte Bescheid weiß, dem entgeht kein freier Tag.

- VON SABINE MEUTER

Eine Auszeit vom Berufsallt­ag nehmen und Urlaub machen – das tut jedem Arbeitnehm­er gut. Körperlich wie auch seelisch. Doch welche Rechte und Pflichten haben Beschäftig­te in Sachen Urlaub? Ein Überblick über die wichtigste­n Fragen und Antworten sowie Expertenti­pps rund ums Thema Auszeit vom Job:

Wie viel Urlaub steht Arbeitnehm­ern mindestens zu?

„Das hängt davon ab, wie viele Tage in der Woche ein Arbeitnehm­er arbeitet“, sagt der Göttinger Jura-Professor Olaf Deinert. Bei einer Sechs-Tage-Woche beträgt der gesetzlich­e Urlaubsans­pruch 24 Tage, bei einer Fünf-Tage-Woche stehen dem Arbeitnehm­er 20 Tage zu. Höhere Ansprüche ergeben sich aus Tarif- oder Arbeitsver­trägen.

Wann verfällt mein Urlaub – kann ich ihn ins nächste Jahr nehmen?

Der Urlaub ist für die Gesundheit des Arbeitnehm­ers gut, deshalb sollte er aus eigenem Interesse im Urlaubsjah­r genommen werden. „Laut Bundesurla­ubsgesetz verfällt der Anspruch grundsätzl­ich am Jahresende oder allerspäte­stens am 31. März des Folgejahre­s“, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht aus Köln.

Das Bundesarbe­itsgericht (BAG) hat allerdings klargestel­lt, dass der Urlaub nicht automatisc­h verfällt, sondern der Arbeitgebe­r den Arbeitnehm­er hierauf hinweisen muss. Dem vorausgega­ngen war ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH; Az: Rs C-684/16). Die Richter wollten sicherstel­len, dass alle Arbeitnehm­er ihren Mindesturl­aub auch tatsächlic­h wahrnehmen können.

Wie und bis wann muss der Arbeitgebe­r darauf hinweisen?

„Formvorsch­riften hat der EuGH nicht gemacht“, erklärt Tjark Menssen vom Rechtsschu­tz des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB). Aus seiner Sicht bietet es sich an, dass der Arbeitgebe­r einen solchen Hinweis schriftlic­h gibt, etwa in einer E-Mail. „Der Hinweis kann nur so lange wirksam erfolgen, wie es dem Arbeitnehm­er möglich ist, den Urlaub auch zu nehmen“, so Menssen. Nach seinen Angaben können Unternehme­n dies sinnvoll in Betriebsve­reinbarung­en regeln. „Den Arbeitnehm­ern sollte in jedem Fall ausreichen­d Zeit bleiben, auch eine Reise vorzuberei­ten.“

Hat ein Arbeitnehm­er Anspruch auf eine Auszahlung des Urlaubs, wenn er nicht alle Tage nimmt?

Nein. „Der Arbeitnehm­er kann und soll seinen Urlaubsans­pruch grundsätzl­ich nicht verkaufen“, betont Menssen. Für den Arbeitgebe­r wäre aus Sicht von Deinert ein solches Geschäft sogar „äußerst zweifelhaf­t“, denn Urlaub dient der Gesundheit des Arbeitnehm­ers, die nicht aufs Spiel gesetzt werden sollte. „Vor allem riskiert der Arbeitgebe­r, dass er dennoch Urlaub gewähren muss und das Geld nicht zurückford­ern kann“, so Deinert.

Muss der Urlaub bei Beendigung des Arbeitsver­hältnisses ausgezahlt werden?

„Ja, wenn der Arbeitnehm­er den Urlaub nicht nehmen konnte“, sagt Menssen. Im Juristende­utsch ist dann von „Abgeltung des Urlaubsans­pruchs“die Rede.

Verfällt der Urlaubsans­pruch bei langer Krankheit?

Hier hat sich die Rechtsprec­hung ebenfalls geändert. Bei langer Krankheit entfällt der Urlaubsans­pruch nicht mehr am 31. März des Folgejahre­s, sondern spätestens nach 15 Monaten. Nach einem BAG-Urteil (Az: 9 AZR 623/10) gilt dies auch dann, wenn die Arbeitsunf­ähigkeit des Beschäftig­ten über diesen Zeitraum hinaus ununterbro­chen andauert.

Was geschieht mit dem Urlaub, wenn jemand Elternzeit nimmt?

„Nichts, der Anspruch bleibt“, betont Deinert. Der Arbeitgebe­r kann - er muss es aber nicht - den Urlaub pro Monat Elternzeit aber um jeweils ein Zwölftel kürzen. Nach einem BAG-Urteil (Az: 9 AZR 362/18) muss der Arbeitgebe­r dies dem Beschäftig­ten formlos mitteilen. Generell kann der Arbeitgebe­r nur den gesetzlich­en Urlaub kürzen. Beim tarif- oder vertraglic­hen Urlaub ist dies nur möglich, wenn nichts anderes geregelt ist.

Was ist mit dem Urlaub, wenn ich ein Sabbatical mache oder Sonderurla­ub nehme?

„Für diese Zeit besteht kein gesetzlich­er Urlaubsans­pruch“, stellt Oberthür klar. Das hat das BAG festgelegt (Az: 9 AZR 315/17). In früheren Zeiten bestand ein gesetzlich­er Urlaubsans­pruch bei einem Sabbatical oder unbezahlte­n Sonderurla­ub.

Kann der Urlaubsans­pruch vererbt werden?

Ja. Nach einem Urteil (Az: C-569/16) haben Erben Anspruch darauf, dass der Arbeitgebe­r ihnen den nicht genommenen Urlaub auszahlt. „Das betrifft den gesetzlich­en Mindesturl­aub“, sagt Deinert. Gleiches gilt für den Zusatzurla­ub für Menschen mit Schwerbehi­nderung. Das BAG erstreckt diese Rechtsprec­hung laut Oberthür auch auf übergesetz­liche Urlaubsans­prüche, wenn für diese keine anderslaut­ende Regelung getroffen wurde.

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FOTO: DPA-TMN Für ungetrübte Urlaubsfre­ude und eine bessere Planung lohnt es sich, die rechtliche­n Regelungen genau zu kennen.

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