Militär will Präsident absetzen
Seit Wochen gibt es in Algerien Massenproteste gegen Abdelaziz Bouteflika.
ALGIER (dpa) Algeriens Militärchef hat angesichts der Massenproteste die Absetzung von Präsident Abdelaziz Bouteflika gefordert. „Es muss eine Lösung geben, mit der man aus dieser Krise kommen und den Forderungen des algerischen Volks entgegenkommen kann“, sagte Stabschef Ahmed Gaid Salah in einer im Fernsehen ausgestrahlten Ansprache vor Militärs. „Diese Lösung liegt in der Verfassung, in Artikel 102.“Dieser regelt den Fall, dass der Präsident aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nicht ausführen kann. Laut Verfassung ist es Sache des algerischen Verfassungsgerichts, den Artikel 102 auszurufen und den Präsidenten für amtsunfähig zu erklären. Anschließend müssten beide Kammern des Parlaments die Entscheidung bestätigen. Der Präsident des Oberhauses im Parlament würde dann als Vertreter das Amt des Staatschefs für eine Übergangszeit übernehmen, um Neuwahlen zu organisieren.
Seit Wochen kommt es in Algerien zu Massenprotesten gegen den altersschwachen und gesundheitlich angeschlagenen Präsidenten Bouteflika. Zeitweise gingen mehrere Millionen Menschen im Land auf die Straße, wie Beobachter berichteten. Es sind die größten Proteste in dem nordafrikanischen Land seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1962.
Bouteflika regiert seit 20 Jahren in Algerien. Seit einem Schlaganfall im Jahr 2013 sitzt er im Rollstuhl und tritt kaum noch öffentlich in Erscheinung. Viele Algerier sehen in ihm nur die Marionette einer Machtelite aus Wirtschaft, Politik und Militärs.
Zunächst hatten die Algerier gegen eine fünfte Amtszeit protestiert. Bouteflika kündigte daraufhin eine neue Verfassung an und den Verzicht auf eine weitere Amtszeit. Allerdings sagte er auch die für Mitte April angesetzte Präsidentschaftswahl ab, woraufhin die Demos weitergingen. Bouteflika galt lange als Wunschkandidat des algerischen Militärs auf dem Präsidentenposten. Nach einem blutigen Bürgerkrieg in den 90er Jahren wurde er 1999 ins Amt gewählt. Seine Gegenkandidaten hatten sich aus Protest gegen ihn und das Militär von der Wahl zurückgezogen.
Angesichts der Proteste war seit Längerem erwartet worden, ob das Militär in der Krise eingreift oder nicht. Demonstranten hatten immer wieder die Einheit von Volk und Militär bei ihren Protesten betont. Zuletzt hatten sich auch Sicherheitskräfte den Demonstrationszügen angeschlossen.