„Romeo und Julia“im Theater von Aachen
AACHEN Von Charles Gounod taucht allenfalls seine Faust-Oper „Margarethe“auf deutschen Spielplänen auf. Dabei ist „Romèo et Juliette“, knapp zehn Jahre später auf den nicht weniger populären Shakespeare-Stoff entstanden und auf Anhieb ein Erfolg im Paris der späten 1860er Jahre, bestes Musiktheater. Neuerdings nachzuprüfen – und ab März auch an der Rheinoper Düsseldorf – am Theater Aachen. Hier hat Intendant Michael Schmitz-Aufterbeck das musikalische Liebesdrama ausgegraben und der Regisseurin Ewa Teilmans anvertraut.
Teilmans geht aktionistisch mit Gounods solide gebautem Fünfakter um. Vielleicht hatte sie noch ihre „West Side Story“von 2014 an selber Stelle im Sinn, die sie mit rasanten Tanzeinlagen pfefferte. Hier hauen und stechen die Clans der Capulet und Montaigu ohrenbetäubend gleich zur Ouvertüre aufeinander ein. Dabei spart die Partitur nicht mit dramatischen Ausrufezeichen, wofür im Tutti Becken und Pauken wie geschaffen sind. Überhaupt ist die Musik, für die im Graben der neue GMD Christopher Ward das Sinfonieorchester Aachen auf Trab bringt, recht originell. Gounod ist weit mehr eingefallen als Juliettes berühmte Valse-Ariette „Je veux vivre dans ce rêve“. Gleich vier Duette hat er dem Liebespaar geschrieben, und die Cello-Gruppe kommt zu diversen melancholischen Solo-Einsätzen. Die Chor-Partie macht großes Aufsehen.
Das alles trifft in Aachen auf ein begeisterungsfähiges Ensemble. Die riesigen Titelpartien sind mit der russischen Sopranistin Larisa Akbari und ihrem Landsmann, dem Tenor Alexey Sayapin herausragend besetzt. Beide haben sichere, gut fokussierte Höhen, man könnte sich mehr Schmelz wünschen. Ewa Teilmans zeigt sich begeistert von der Drehbühne Elisabeth Pedross‘, der sie einige Ehrenrunden gönnt. Dolche, ein riesiges Bettlaken oder entblößte Tunten-Popos setzen pittoreske Akzente, wo vielleicht Gounods pure Musik den Theaterraum verzaubern könnte. So aber wird’s nicht langweilig. Und der nach dem Liebestod wiederholte Prolog-Chor bietet dann sogar etwas Futter fürs Hirn. Großer Beifall.