Suche nach dem verlorenen Witz
Timo Wopp widmete sich mit spitzfindigen und teils abstrusen Analysen den Geschehnissen der Gegenwart.
ERKELENZ Nach einem harten Familienalltag sei er auf der Bühne sehr harmoniebedürftig, betonte Timo Wopp zu Beginn seines dritten Abendprogramms „Auf der Suche nach dem verlorenen Witz“in der Stadthalle – froh darüber, sich auch einmal am Stück äußern zu dürfen. So brauche er keine Bestätigung durchs Publikum und auch keine Kritik am Ende der Show. Er widmete sich im Laufe des Abends mit spitzfindigen und teils abstrusen Analysen den Geschehnissen der Gegenwart und war erstmals nach Erkelenz gekommen. Die Zuschauer folgten an Tischen sitzend amüsiert seinen Ausführungen.
Um die handelnden Personen zu schützen, gab Timo Wopp ihnen zunächst andere Namen, um direkt darauf den angeblich richtigen preiszugeben. Dabei waren eigentlich alle Geschichten, die er erzählte, von ihm ausgedacht, betonte er später. „Konsenskabarett“brachte er auf die Bühne, indem er alles durchgenderte, alles relativierte und auf alles Rücksicht nahm. Dabei bezeichnete er etwa US-Präsident Donald Trump mit seinen Voraussetzungen als weißer, heterosexueller, männlicher Milliardär als einen der „unopferigsten“Menschen der Welt. Wenn dieser aber mit seinen Anschuldigungen gar nicht mehr weiter
wüsste, bezeichne er sich noch als „Opfer der Wahrheit“. Einen Seitenhieb Richtung Äußerungen von CSU-Politiker Horst Seehofer unternahm Wopp im Kontext von Erziehung. So stelle für ihn der Ausspruch der Eltern „Es ist uns egal, was die anderen machen“den Erziehungs-Totschlagklassiker überhaupt dar.
Davon leitete er zum persönlichen Wunsch über, dass er „nicht zur Mutter eurer Probleme werden will und nicht von einem Publikum ausgebuht werden, das nur wegen mir Publikum geworden ist.“In Anlehnung an den Minister, der nicht von einer Kanzlerin entlassen werden könne, die auch wegen ihm Kanzlerin geworden sei. Geschlechtsspezifische Feinheiten zeigte der gebürtige Oldenburger, der zurzeit in Berlin, Prenzlauer Berg, wohnt, unter anderem an den Namen von Apfelsorten auf. Ob etwa „Boskop“in Zeiten flacher Hierarchien zeitgemäß sei oder „Pink Lady“eindeutig auf weibliche Eigenschaften deute. Sein eigener Humor sei ungefähr auf dem Stand, wie er ihn im Alter von 13 Jahren schon hatte, erläuterte er zwischendrin, der habe sich seither nicht viel entwickelt.
Anderen Menschen zu winken und sie bei gleichartiger Reaktion zu beleidigen führte er als Beispiel dafür an. Als Möglichkeit, ungewolltes Verhalten ändern zu können, schlug er die Methode des paradoxen Intervenierens vor – beispielsweise das Verhalten des Gegenübers in noch extremerer Weise zu spiegeln, und diesen so zur Einsicht zu bewegen. Entsprechend entwarf er zur Unordnung eines Partners passende chaotische, teils unappetitliche Szenarien.
An anderer Stelle kreierte er die „Pronoia“, die auf überbordendes Selbstbewusstsein wie etwa bei Donald Trump hinweist, als Gegenentwurf zur „Paranoia“. Oder er sinnierte über Berufsgruppenwechsel und Opferrollen, wobei er zusätzlich rasante Jonglage darbrachte. Ein vielfältig unterhaltsamer Abend, der die ganze Aufmerksamkeit des Publikums forderte.