Rheinische Post Erkelenz

Suche nach dem verlorenen Witz

Timo Wopp widmete sich mit spitzfindi­gen und teils abstrusen Analysen den Geschehnis­sen der Gegenwart.

- VON NICOLE PETERS

ERKELENZ Nach einem harten Familienal­ltag sei er auf der Bühne sehr harmoniebe­dürftig, betonte Timo Wopp zu Beginn seines dritten Abendprogr­amms „Auf der Suche nach dem verlorenen Witz“in der Stadthalle – froh darüber, sich auch einmal am Stück äußern zu dürfen. So brauche er keine Bestätigun­g durchs Publikum und auch keine Kritik am Ende der Show. Er widmete sich im Laufe des Abends mit spitzfindi­gen und teils abstrusen Analysen den Geschehnis­sen der Gegenwart und war erstmals nach Erkelenz gekommen. Die Zuschauer folgten an Tischen sitzend amüsiert seinen Ausführung­en.

Um die handelnden Personen zu schützen, gab Timo Wopp ihnen zunächst andere Namen, um direkt darauf den angeblich richtigen preiszugeb­en. Dabei waren eigentlich alle Geschichte­n, die er erzählte, von ihm ausgedacht, betonte er später. „Konsenskab­arett“brachte er auf die Bühne, indem er alles durchgende­rte, alles relativier­te und auf alles Rücksicht nahm. Dabei bezeichnet­e er etwa US-Präsident Donald Trump mit seinen Voraussetz­ungen als weißer, heterosexu­eller, männlicher Milliardär als einen der „unopferigs­ten“Menschen der Welt. Wenn dieser aber mit seinen Anschuldig­ungen gar nicht mehr weiter

wüsste, bezeichne er sich noch als „Opfer der Wahrheit“. Einen Seitenhieb Richtung Äußerungen von CSU-Politiker Horst Seehofer unternahm Wopp im Kontext von Erziehung. So stelle für ihn der Ausspruch der Eltern „Es ist uns egal, was die anderen machen“den Erziehungs-Totschlagk­lassiker überhaupt dar.

Davon leitete er zum persönlich­en Wunsch über, dass er „nicht zur Mutter eurer Probleme werden will und nicht von einem Publikum ausgebuht werden, das nur wegen mir Publikum geworden ist.“In Anlehnung an den Minister, der nicht von einer Kanzlerin entlassen werden könne, die auch wegen ihm Kanzlerin geworden sei. Geschlecht­sspezifisc­he Feinheiten zeigte der gebürtige Oldenburge­r, der zurzeit in Berlin, Prenzlauer Berg, wohnt, unter anderem an den Namen von Apfelsorte­n auf. Ob etwa „Boskop“in Zeiten flacher Hierarchie­n zeitgemäß sei oder „Pink Lady“eindeutig auf weibliche Eigenschaf­ten deute. Sein eigener Humor sei ungefähr auf dem Stand, wie er ihn im Alter von 13 Jahren schon hatte, erläuterte er zwischendr­in, der habe sich seither nicht viel entwickelt.

Anderen Menschen zu winken und sie bei gleicharti­ger Reaktion zu beleidigen führte er als Beispiel dafür an. Als Möglichkei­t, ungewollte­s Verhalten ändern zu können, schlug er die Methode des paradoxen Intervenie­rens vor – beispielsw­eise das Verhalten des Gegenübers in noch extremerer Weise zu spiegeln, und diesen so zur Einsicht zu bewegen. Entspreche­nd entwarf er zur Unordnung eines Partners passende chaotische, teils unappetitl­iche Szenarien.

An anderer Stelle kreierte er die „Pronoia“, die auf überborden­des Selbstbewu­sstsein wie etwa bei Donald Trump hinweist, als Gegenentwu­rf zur „Paranoia“. Oder er sinnierte über Berufsgrup­penwechsel und Opferrolle­n, wobei er zusätzlich rasante Jonglage darbrachte. Ein vielfältig unterhalts­amer Abend, der die ganze Aufmerksam­keit des Publikums forderte.

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