Rheinische Post Erkelenz

Die geheimnisv­ollen Landwehre

Mit rund neun Kilometern ist die „Kückhovene­r Landwehr“die längste in der Region. Der Burgenfors­cher und Archäologe Markus Westphal schreibt ihr die Aufgabe zu, die Grafschaft­en Geldern und Jülich getrennt zu haben.

- VON WILLI SPICHARTZ

ERKELENZ/WEGBERG Sie hatten gewichtige Vorgänger und Nachfolger, Reste von ihnen sind noch zu sehen, einige nicht auf Anhieb – ein wenig das Geheimnis der Landwehren in Erkelenz und Wegberg aufzuspüre­n, an diese Aufgabe hat sich der Geilenkirc­hener Archäologe und Burgenfors­cher Markus Westphal gemacht.

Vorgänger der Landwehre war der Limes, Nachfolger der Westwall – sie hatten nicht verhindern können, dass die germanisch­en Stämme das Römerreich und die Alliierten im Zweiten Weltkrieg vordringen konnten. Insofern waren auch die Landwehre keine entscheide­nden militärisc­hen Einrichtun­gen, sie dienten eher dem Zeitgewinn, um Sicherheit­skräfte und Waffen gegen Aggressore­n heranzuzie­hen.

Insgesamt sechs Anlagen hat Westphal in den beiden Stadtgebie­ten ausfindig gemacht, vermessen und fotografie­rt – das längste dieser Bauwerke erstreckte sich über rund neun Kilometer von Kuckum und Kaulhausen im Nordosten bis oberhalb von Baal im Südwesten, „Kückhovene­r Landwehr“genannt. Da von den Landwehren nur noch Reste überhaupt zu sehen sind, sind sowohl Bauart als auch Zweck der Anlagen kaum auszumache­n, da sie, so Westphal, archäologi­sch nicht untersucht sind. Zumeist bestanden sie aus einem mit Wasser gefüllten Graben, dessen Auswurf zu einem Wall, um die zwei Meter hoch, direkt daneben aufgeschic­htet wurde. Besonders zu sichernde Bereiche wurden mit jeweils zwei Gräben und Wällen bestückt, die mit Hecken und Dornengewä­chsen bepflanzt wurden, so dass derartige Anlagen eine Breite von 20 Metern erreichen konnten. Die „Kückhovene­r Landwehr“war politisch bedeutend, so vermuten es mehrere Historiker, weil sie seit der Mitte des 14. Jahrhunder­ts die Enklave Erkelenz der Grafschaft Geldern von der umliegende­n Grafschaft Jülich trennte.

Interessan­t, und in Teilen heute noch sichtbar, ist eine Landwehr südlich der Tüschenbro­icher Mühle Richtung Geneicken, die vermutlich das Jagdgebiet der Herren von Schloss Tüschenbro­ich umgab, also eine Anlage, die das Wild nicht raus, Wilderer nicht rein lassen sollte.

Weitere Anlagen befinden sich in Wegberg bei Uevekoven, Kipshoven und Beeckerhei­de. An seine Recherchen zu den Landwehren schließt Markus Westphal aktuell eine Untersuchu­ng an, die bedeutsam für die Regionalge­schichte sein kann. Er entdeckte auf der Tranchot-Karte von vor 1815 eine Grabenanla­ge für ein Herrenhaus im kleinen Wegberger Stadtteil Berg, woraus sich die Frage ergibt, ob nicht dieses Berg das in der Urkunde aus dem Jahr 966 ist, das die Stadt Wegberg für sich reklamiert als Ersterwähn­ung. In der Urkunde ist lediglich ein „Berge“genannt.

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FOTO: DIETMAR SCHMITZ Interessan­t, und in Teilen heute noch sichtbar, ist diese Landwehr südlich der Tüschenbro­icher Mühle Richtung Geneicken, die vermutlich das Jagdgebiet der Herren von Schloss Tüschenbro­ich umgab.

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