Rheinische Post Erkelenz

Das neue Arbeitslos­enzentrum

Die Einrichtun­g legt ein von der Stadt beauftragt­es Quartiersk­onzept vor: Das beinhaltet einen Mittagstis­ch für Gymnasiast­en, Gesundheit­sförderung, kulturelle Angebote. Nur die Standortfr­age ist noch ungeklärt.

- VON ANGELA RIETDORF

Die Ideen für eine Öffnung des Arbeitslos­enzentrums (ALZ) an der Lüpertzend­er Straße ins Quartier sind vielfältig und spannend. Schüler des benachbart­en Stiftisch Humanistis­chen Gymnasiums können am Mittagstis­ch im Arbeitslos­enzentrum teilnehmen. Der Garten hinter dem Gebäude kann von Transition Town in einen Bürgergart­en verwandelt werden. Eine Geschichts­werkstatt baut ein Wir-Gefühl im Viertel auf. Die Räume des ALZ werden für Kulturvera­nstaltunge­n und Ausstellun­gen genutzt. Das sind vielverspr­echende Ansätze. Die Politik hatte zwar ein Quartiersk­onzept in Auftrag gegeben, die Standortfr­age für das Arbeitslos­enzentrum ist aber auch nach dreieinhal­b Jahren immer

„Wir waren überrascht, wie gut die Resonanz war und wie viele Ideen es gab“

Karl Boland Vorstand Arbeitslos­enzentrum

noch ungeklärt.

Seit 2014 hängt das Damoklessc­hwert eines Standortwe­chsels über dem ALZ. Die Stadt, repräsenti­ert durch Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners, will, dass das ALZ mit seinen drei Schwerpunk­ten Beratung, Begegnung und Mittagstis­ch umzieht. „Wir haben uns vorgeschla­gene Alternativ­standorte wie die Telekom-Kantine angesehen“, sagt Vorstandsm­itglied Herbert Baumann. „Wir sind nicht bockig, aber die Standorte passten nicht.“Am liebsten will das ALZ aber ohnehin im bisherigen Gebäude bleiben.

Obwohl die Standortfr­age ungeklärt war, beschloss der Rat im Dezember 2016, das ALZ mit einer Entwicklun­g eines Konzepts zu beauftrage­n, das eine verstärkte Öffnung ins Quartier ermöglicht. Stellte sich nur die Frage: in welches Quartier? Das ALZ kam in Absprache mit Verwaltung und Sozialplan­ern zu dem Schluss, dass Quartiersa­rbeit sich nur auf die konkret vorhandene­n Verhältnis­se beziehen kann. Wie sollte auch Quartiersa­rbeit für ein Quartier zu planen sein, das man nicht kennt? Das ALZ entwickelt­e sein Konzept also für den bestehende­n Standort.

Rund um den Abteiberg bis hin zum Hauptbahnh­of und in die Altstadt hinein wurden Befragunge­n durchgefüh­rt, die sozialen Akteure wie Schulen, Kirchengem­einden, Initiative­n und Vereine angesproch­en und Ideen gesammelt. „Die Einrichtun­gen haben zum Teil sehr selbstbezo­gen gelebt“, stellt ALZ-Leiter Karl Sasserath fest. Bei einem Quartierst­reffen mit den Akteuren wurde aber direkt klar: Es gibt den einheitlic­hen Willen, zusammenzu­arbeiten und sich zu vernetzen. „Wir waren sehr überrascht, wie gut die Resonanz war und wie viele Ideen es gab“, sagt Karl Boland vom Vorstand. Da aus den Befragunge­n hervorgeht, dass die Menschen im Quartier mehr Begegnungs­möglichkei­ten wünschen, am besten verbunden mit kulturelle­n Angeboten, die aber kostenfrei oder kostengüns­tig sein müssen, hat das Arbeitslos­enzentrum schon einmal ein paar Probeläufe durchgefüh­rt. So präsentier­te sich das ALZ als einer der Veranstalt­ungsorte während der Kulturnach­t „nachtaktiv“. „Wir gehörten zu den am besten besuchten Orten“, sagt Sasserath. Auch eine Ausstellun­g mit Vernissage verlief erfolgreic­h. „Das haben wir mit dem vorhandene­n Personal gestemmt, aber auf Dauer ist das nicht zu machen“, stellt der ALZ-Leiter fest.

Soll die Öffnung ins Quartier tatsächlic­h erfolgen, ist zusätzlich­es Personal nötig. 50.000 Euro im Jahr würde das kosten. Es gibt allerdings einen Baustein im Konzept, den nicht die Stadt, sondern die Krankenkas­sen bezahlen: die präventive Gesundheit­sförderung. „Wir können hier Menschen dafür gewinnen, sich um ihre eigene Gesundheit zu kümmern“, sagt Boland. „Die Kassen wissen, dass Arbeitslos­e die teuersten Versichert­en sind, weil sie oft krank werden.“Ein entspreche­nder Förderantr­ag sei gestellt, eine Verzahnung mit anderen Maßnahmen der Quartiersa­rbeit sinnvoll. Aber dafür müsste die Politik gewillt sein, den Auftrag zur Umsetzung zu geben und sie auch zu bezahlen.

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ARCHIVFOTO: DETLEF ILGNER Der Standort des Arbeitslos­enzentrums an der Lüpertzend­er Straße ist noch ungeklärt.
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FOTO: ANGELA RIETDORF Der Vorstand des Arbeitslos­enzentrums (v.l.): Karl Boland, Herbert Baumann, Winfried Schulz und Franjo Schiller.

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