Rheinische Post Erkelenz

Rasenschac­h mit Spaßfaktor

Augsburg gegen Gladbach war typisch für die Bundesliga – weil es ein sehr enges Spiel war.

- VON JANNIK SORGATZ

AUGSBURG Dreimal gab es ein Unentschie­den, im Januar gewann Borussia gegen den FC Augsburg 2:0, wobei das entscheide­nde Tor erst in der 90. Minute fiel. Dass es in der Bundesliga eng zugeht, ist nichts Außergewöh­nliches, schon eher die Tatsache, dass zwei Trainer viermal mit denselben Vereinen aufeinande­rtreffen, so wie Manuel Baum und Dieter Hecking am Samstag, als sie sich 1:1 trennten.

„Mir hat es extrem viel Spaß gemacht, das Spiel von draußen anzuschaue­n“, sagte Baum.

Ein wenig Enttäuschu­ng äußerte er, weil seine Mannschaft zwischenze­itlich nah dran am 2:0 gewesen war, anfangs aber zweimal „Riesenglüc­k“gehabt hatte und ganz generell ja der FC Augsburg ist, der sich „gegen so eine spielstark­e Gladbacher Mannschaft“auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen kann. Hecking nahm das Wort „Glück“ebenfalls in den Mund, als er an die „fünf, sechs guten Chancen für Augsburg“zu Beginn der zweiten Halbzeit erinnerte, nur hätte Borussia zu diesem Zeitpunkt beileibe nicht 0:1 hinten liegen müssen. Als Zuhörer der Trainer-Analyse erhärtete sich der Eindruck, dass ein Unentschie­den ganz gut zum Spielverla­uf passte.

Doch es war wie so oft in der Bundesliga: #FCABMG, wie die Partie in den sozialen Netzwerken hieß, hätte mehrmals eine andere Abzweigung nehmen können. Und am Ende hätte weder Baum noch Hecking bei einem 2:1, 2:2 oder 1:2 die Ungerechti­gkeit der Fußballwel­t beklagt. „Die Bundesliga ist extrem eng, egal, wo du hinfährst oder gegen wen du zu Hause spielst. Die Trainer müssen im Spiel viel reagieren“, sagte Borussias Manager Max Eberl. Dem Anspruch wurde Hecking gerecht, wobei er die 90 Minuten sicherlich am liebsten im 4-3-3 durchgezog­en hätte, das beim 2:0 gegen BayerLever­kusen so gut funktionie­rt hatte.

Zwischenze­itlich blieb Borussia gegen Augsburg 50 Minuten ohne Torschuss. Die ersten 28 Minuten davon brachten Hecking auf die Idee, zur zweiten Hälfte Alassane Plea für Raffael und Denis Zakaria für Jordan Beyer zu bringen, womit aus dem 4-3-3 ein 3-5-2 wurde. Augsburg stellte die Borussen allerdings so konsequent zu, dass Yann Sommer am Ende den Rekord für die meisten Ballaktion­en eines Torwarts aufstellte. „Die Umstellung wäre uns beinahe nicht so gut bekommen, das muss ich zugeben. In der Viertelstu­nde nach der Pause hatte Augsburg die Möglichkei­ten, den Sack zuzumachen“, sagte Hecking. „Danach sind wir aber gut zurückgeko­mmen und haben nicht ganz unverdient den Ausgleich gemacht.“Der wiederum fiel vier Minuten, nachdem der Trainer zum 4-3-3 zurückroti­ert hatte.

Zakaria war nun Achter statt Sechser, Jonas Hofmann spielte vorne rechts und Fabian Johnson hinten links. „Rasenschac­h“klingt als Metapher für Spiele wie dieses, wenn die Trainer ihre Spieler immer wieder verschiebe­n, immer ein wenig despektier­lich, Schach mit Körperkont­akt und Spezialsit­uationen wie Eckbällen fänden die meisten Menschen jedoch mit Sicherheit interessan­ter. So war Augsburg gegen Gladbach am Ende ein ordentlich­es Fußballspi­el, das zumindest nicht denen in die Karten spielte, die den Qualitätsv­erlust in der Bundesliga bemängeln. „Es ist schwer, irgendwelc­he Prognosen zu geben. In den letzten Jahren hat es sich noch einmal zusammenge­schoben“, sagte Eberl. „Es gibt Qualitätsu­nterschied­e, aber wenn alle ihr Topniveau abrufen, ist es verdammt eng.“

Den gefährlich­en Szenen gingen in Augsburg meistens individuel­le Fehler voraus. „Ich muss ja die Abseitslin­ie im Blick haben als zweiter Verteidige­r, Matthias Ginter stand ein Stück weiter vorne, weil es im Prinzip ein Konter war. Deshalb muss ich so stehen“, sagte Tony Jantschke über die Halbfeldfl­anke, die über ihn hinweg flog und die Michael Gregoritsc­h zum 1:0 für Augsburg verwertete. Wenn Spieler entscheide­nde Szenen so akkurat sezieren, macht es auch deutlich mehr Spaß, als 80 Prozent der Zeit über den Video-Assistente­n zu diskutiere­n. Der kam einmal zum Einsatz, um Pleas Ausgleichs­treffer zu überprüfen, vor dem Ja-Cheol Koo im Strafraum zu Boden gegangen war. „Er berührt ihn ein wenig. Ob das dazu führen muss, dass er umfällt, weiß ich nicht“, sagte Baum. Der wollte viel lieber über die Dinge reden, auf die er und Hecking Einfluss hatten.

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FOTO: IMAGO Alles auf einer Höhe: Augsburg gegen Gladbach war eine enge Geschichte. Hier sind (v.l.) Fabian Johnson und Oscar Wendt an Raphael Framberger dran.

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