Gerade sitzen!
Aufrechte Sitzhaltung führt zu deutlich besseren Prüfungsergebnissen. Das beweist eine überraschende Studie aus San Francisco.
DÜSSELDORF Egal, ob Examen oder Führerscheinprüfung, Konzert oder Referat - Nervosität und Lampenfieber haben hier schon so manche Leistung boykottiert. US-Forscher haben nun eine einfache Lösung für dieses weit verbreitete Problem gefunden. Ihr Rat klingt wie von Oma: „Setz Dich gerade hin!“
Das Forscherteam um Erik Peper von der San Francisco University ließ 125 Studenten eine komplizierte Rechenaufgabe lösen, wobei die eine Hälfte der Probanden 15 Sekunden mit aufrechtem Oberkörper sitzen sollte. Danach tauschten die beiden Gruppen ihre Sitzposition, um erneut ihr Hirn beim Rechnen zu martern. Am Ende des Versuchs wurden alle Probanden befragt, wie
Eng anliegende Arme und ein gesenkter Blick senken den Testosteron-Spiegel
schwer sie die Aufgaben fanden. Als Orientierung stand ihnen dabei eine Skala zur Verfügung, von 10 für „sehr schwer“bis 1 für „sehr leicht“.
Es zeigte sich: Die lümmelnden, gebeugt sitzenden Studenten bewerteten ihre Aufgaben durchschnittlich mit 6,2, während die stramm und aufrecht Sitzenden nur auf 4,9 kamen. „Die gekrümmte Position wirkte sich vor allem bei jenen negativ aus“, erläutert Peper, „die vorher über Rechenschwäche-Probleme berichtet und schon Prüfungsängste oder sogar schon mal einen Blackout bei einer Prüfung erlebt hatten“. Wer also anfällig für solche Probleme ist, sollte sich künftig beim Examen oder dem Halten eines Referats gerade hinsetzen.
Bleibt die Frage, warum sich eine gekrümmte Sitzposition offenbar ungünstig auf die Denkfunktionen auswirkt. Peper vermutet, dass sie Atem und Kreislauf beeinträchtigt, so dass sich die Versorgungssituation im Gehirn verschlechtert. Hinzu kommt, dass sich durch die gekrümmte „Buckelhaltung“eine psychische und körperliche Defensivhaltung manifestiert: Man macht sich kleiner, als man ist. Was nicht nur der Mensch gegenüber spürt, sondern auch der Betroffene selbst. „Man schätzt sich selbst schwächer ein, wenn man in solch einer Haltung sitzt“, warnt der US-amerikanische Psychophysiologe. Und wer sich selbst schwächer einschätze, schöpfe in Prüfungssituationen sein Leistungsvermögen weniger aus.
Demgegenüber strafft sich in aufrechter Sitzposition die Rumpfmuskulatur, die diesen Zustand direkt ans Gehirn weitergibt und dort für mehr Selbstbewusstsein sorgt. Besser also, man sitzt in der Prüfung gerade. Und damit dies auch wirklich klappt, sollte man – wie Marten Bos von der Harvard Business School herausgefunden hat – vorher das Smartphone ausschalten oder am besten gleich zuhause lassen.
Der US-Forscher setzte 75 Probanden an unterschiedlich große elektronische Arbeitsgeräte: ein kleines Smartphone, ein etwas größeres iPad, ein Laptop und einen ausgewachsenen Desktop-Computer. Sie sollten fünf Minuten daran arbeiten, und danach erzählte ihnen der Versuchsleiter, dass er in seinem Büro ein paar Formulare holen und spätestens in fünf Minuten wiederkommen würde, um ihnen das zugesagte Honorar von zehn Dollar zu geben. Was er jedoch verschwieg: Er wollte gar nicht wiederkommen, und die Probanden konnten auf einer Uhr im Labor zusehen, wie die Zeit verstrich. Wer von ihnen würde nun aufstehen und das Büro des säumigen Versuchsleiters aufsuchen?
Es zeigte sich: Je größer das Gerät, an dem jemand gearbeitet hatte, umso weniger war er bereit, untätig sitzen zu bleiben. 94 Prozent der Desktop-Nutzer standen auf und verließen den Raum, und es dauerte durchschnittlich 341 Sekunden, bis sie es taten. Unter den Smartphone-Nutzern lösten sich nur 50 Prozent aus ihrer Wartestarre, und das dauerte dann auch deutlich länger, nämlich 493 Sekunden. „Ich habe in meiner Forscherlaufbahn noch nie einen solch schönen Effekt gesehen“, berichtet Bos.
Smartphone-Nutzer entwickeln also deutlich weniger Selbstbewusstsein, und die Ursache liegt hier wiederum in der Körperhaltung. So weiß man aus früheren Versuchen der Harvard School, dass gekrümmte Körperhaltungen mit eng anliegenden Armen und stark gesenktem Blick den Testosteronpegel und dadurch die Durchsetzungskraft eines Menschen dämpfen. „Und genau diese Position nehmen wir ein, wenn wir über einem Smartphone kauern“, so Bos, der sich übrigens aufgrund seiner fast zwei Meter Körpergröße extrem über seinem Smartphone zusammenkauern muss und daher den Umstieg auf eine größere Alternative erwägt.
Vor dem Hintergrund, dass viele Menschen mehrere Stunden über winzigen Spiel- und Kommunikationsgeräten kauern, muss das Ergebnis der Studie, in der die Probanden ja nur fünf Minuten daran saßen, noch höher bewertet werden. In jedem Falle sollte man sich vor einem Bewerbungsgespräch und erst recht vor einer Prüfung gut überlegen, ob man sich die Wartezeit darauf mit seinem Smartphone verkürzt.