Rheinische Post Erkelenz

Neues von den Ober-Bayern

-

Wenn die geplagten Münchner Fußballpro­fis gerade mal wenig Zeit haben (also immer), dann lassen sie sich gern zu einem Interview mit dem vereinseig­enen Fernsehsen­der, der vereinseig­enen Seite im Internet oder mit dem vereinseig­enen Stadionhef­t herab. Das ist eine eher angenehme Übung, denn sie verursacht kein Magendrück­en, weil die Fragen ebenfalls angenehm sind. Und es birgt die kostbare Möglichkei­t, Botschafte­n unters hungrige Fußballvol­k zu bringen, die zumindest nach Meinung des Vereins dringend unters hungrige Fußballvol­k gebracht werden müssen.

Andere Botschafte­n, die nach Meinung des Vereins überhaupt

Zum Glück haben die Fußballver­eine ihre eigenen Medien. Wenn die nicht mehr reichen, gehen die Funktionär­e auf den Boulevard.

nicht dringend unters hungrige Fußballvol­k gebracht werden müssen, werden einfach nicht abgefragt. So schön kann Öffentlich­keitsarbei­t sein. Nationalsp­ieler Thomas Müller hat dort neulich wichtige Dinge gesagt. Zum Beispiel, dass er nun unheimlich motiviert sei, weil es bei der Weltmeiste­rschaft in Russland ja nicht so ganz rund gelaufen ist. So viel Kampfgeist freut den Fan.

Weil der Ober-Bayer an sich, mithin der leitende Funktionär im Klub, auch nicht so viel mehr Zeit hat als die geplagten Fußballspi­eler, befriedigt er sein Mitteilung­sbedürfnis am liebsten in jenen Medien, die ihr Erscheinen dem segensreic­hen Wirken des Springer-Konzerns verdanken. Es vergeht keine Woche, in der Bayern Münchens Vorstandsc­hef KarlHeinz Rummenigge seine Vorstellun­gen nicht über „Sport-Bild“(dort am liebsten) und „Bild“verbreitet. Und weil der Präsident des Klubs, Uli Hoeneß, es offenbar gar nicht so recht verknusen kann, dass der Kalle tageweise die Meinungsho­heit für sich reklamiert, hat er sich von der „Bild“als Deutschlan­ds Spitzen-Populist in der Özil-Debatte zitieren lassen. Die Einsicht, Özil habe seit Jahren einen „schönen Dreck“zusammenge­spielt, hat Hoeneß ziemlich allein. Von Daten lässt er sich schließlic­h so wenig in seinem Urteil beeinfluss­en wie andere, die zurzeit mit dem Säbel über den Boulevard ziehen. Da kennt er keine Verwandten.

Der öffentlich­e Erfolg des Kollegen aus der Führungska­nzel lässt wiederum Rummenigge nicht ruhen. Er hat dem neuen gemeinsame­n Lieblingsf­eind Özil ebenfalls noch eine verpasst, weil sich das gerade so gut macht. Aber noch viel lieber widmet er sich dem DFB. Dem rät er gönnerhaft zu neuen Strukturen, oder er kritisiert die amateurhaf­te Führung, was ja irgendwie aufs Gleiche hinausläuf­t. Und damit endgültig alle begeistert Beifall klatschen, wirft er dem Präsidente­n Grindel Populismus vor. Das nennt man dann wohl Steine werfen im Glashaus.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany