Volksrepublik Fußball
Staatspräsident Xi hat den Aufschwung im Fußball zum Staatsziel erhoben. Die chinesischen Firmen reagieren mit reichlich Geldeinsatz. Der DFB und China haben ein Abkommen zur Zusammenarbeit über fünf Jahre geschlossen.
KÖLN Alles fing damit an, dass Xi Jinping ziemlich schlechte Laune hatte. Er habe genug „von den schändlichen Fußballverhältnissen“in seinem Land, sagte Chinas Staatspräsident. Und er rief den Fußballaufschwung zum Staatsziel aus. „Ein Aufleben des Fußballs ist entscheidend auf Chinas Weg zu einer Sportnation“, erklärte Xi.
Xis Wort ist Gesetz im bevölkerungsreichsten Land der Erde. Deshalb wurden vor gut zwei Jahren die politischen Führungsfiguren und die Firmenchefs in China Fußballfans – manche über Nacht. Milliarden flossen in Beteiligungen an europäischen Klubs, mit sagenhaften Ablösesummen und zu märchenhaften Gehältern wurden Stars in die heimische Super League geholt. Anthony Modeste kam für 35 Millionen Euro vom 1. FC Köln zu Tianjin Quanjian, der Brasilianer Oscar für 60 Millionen vom FC Chelsea zu Port Shanghai FC. Dem Xi Jinping Staatspräsident
der Volksrepublik China Argentinier Carlos Tévez zahlt Shanghai Shenhua angeblich 40 Millionen Euro im Jahr.
Wo so viel Geld im Topf ist, da will die deutsche Fußballindustrie natürlich mitverdienen. Borussia Dortmund und der FC Bayern München betreiben bereits Büros in China, Borussia Mönchengladbach möchte sich bald ebenfalls in Asien niederlassen. Der Hamburger SV pflegt eine Kooperation mit Port Shanghai. Und der Deutsche Fußball-Bund hat gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel unter tüchtigem Theaterdonner die Zusammenarbeit mit dem Chinesischen Fußballverband in einem Abkommen auf fünf Jahre festgeschrieben.
Noch fehlt den deutschen Aktivitäten allerdings so etwas wie eine gemeinsame Plattform. Die möchte ein Münchner Start–up-Unternehmen herstellen. „Wir wollen einen Marktplatz bieten“, sagt dessen Gründer Markus Kern, früher Finanzfachmann bei Schalke 04 und München 1860. Morgen liegt dieser Marktplatz im Kölner Sky-Tower. Dort trifft sich auf Einladung von Kerns „Football Business China“die Fußballprominenz zur ersten Konferenz. Jörg Wacker von Bayern München, Thomas Tress (Borussia Dortmund) und Alexander Wehrle (1. FC Köln) berichten in Vor
trägen über das China-Geschäft ihrer Klubs. Chen Yang, früher Bundesliga-Profi bei München 60 und Eintracht Frankfurt, heute führender Funktionär bei Shanghai Shenhua, schildert seine Erfahrungen in der Praxis des chinesischen Fußballs.
Er wird vermutlich bestätigen, was der ehemalige chinesische Nationalspieler Shao Jiayi (früher München, MSV Duisburg, Energie Cottbus) in einem Beitrag des Deutschlandfunks feststellte: „Ich glaube nicht, dass wir mit absurden Summen für Superstars den Fußball in China verbessern. Das schafft zwar Aufmerksamkeit, aber erhöht nicht wirklich die Qualität.“
Genau das aber hat Präsident Xi zum Staatsziel erklärt. Sein Plan ist mit Zahlen unterlegt. Bis 2025 sollen 50.000 Internate entstehen, 40.000 Trainer sollen Talente ausbilden. Bis 2030 will er die Weltmeisterschaft in China austragen, und 2050 soll die Nationalmannschaft so weit sein, um den Titel mitzuspielen.
Das sind ehrgeizige Ziele. Bislang sind in dem Riesenreich nur rund 10.000 aktive Spieler registriert. Dass es darum geht, dem Land erst einmal fußballerische Wurzeln zu verschaffen, haben jene Teilnehmer am chinesisch-deutschen Fußballgeschäft begriffen, denen es zunächst mal nicht um das schnelle große Geld geht. „Es geht um Nachhaltigkeit“, erklärt Kern.
Es geht vor allem um Strukturen. Unterhalb der milliardenschweren Profiliga findet der Fußball in China (noch) nicht statt. Es gibt keine Amateurligen, keinen Spielbetrieb für Nachwuchsmannschaften, keine Gegner für die Teams der Fußballschulen. Deshalb sieht das Abkommen des DFB mit dem chinesischen Verband nicht nur Wissenstransfer und Traineraustausch vor, sondern auch Gastspiele der U20-Auswahl Chi
nas in der Re- Anthony Modeste
Tianjin Quanjian
Eckhard Krautzun
Ex-Trainer
Carlos Tevez Shanghai Shenhua
Oscar Shanghai IPG