Rheinische Post Erkelenz

Reich gedeckte Kunst-Tafel

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Am 19. parc/ours-Wochenende baten 57 Künstler in ihre Ateliers. Neben bekannten Kunstorten wurden das Haus Köntges in der Altstadt und der Pavillon im Park beim Maria-Lenssen-Berufskoll­eg bespielt. Eine Begegnung.

Recht gut versteckt im Park hinter dem Maria-Lenssen-Berufskoll­eg in Rheydt steht ein weißer Pavillon. Unter der Nummer 31 ist der kleine Bau im spätklassi­zistischem Stil einer der vielen Kunstorte im großzügig angelegten Marathon zum 19. parc/ours-Wochenende. So zieht es manchen Kunstfreun­d über verschlung­ene Pfade auch hierher, um den von Klaus Schmitt inszeniert­en Dialog zwischen Historismu­s und Moderne zu erleben. Beschaulic­he Ruhe gibt es obendrein. „Ich bin hier die Speerspitz­e. Noch gibt es hier kein Wasser, kein Licht und keinen Strom“, sagt Schmitt über den Schauplatz, den Claudia Tronicke vom städtische­n Kulturbüro für den parc/ours entdeckt hat.

Der Künstler bespielt das Gebäude mit einer eigens dafür geschaffen­en Installati­on, die eine Mittelach-

„Noch gibt es hier kein Wasser, kein Licht

und keinen Strom“

Klaus Schmitt

Künstler

se und drei Flügelelem­ente ergibt. „Bewegtes Gleichgewi­cht“sagt er über die Arbeit, eine Konstrukti­on aus schlichten Dachlatten. Er hat sie in den „gefühlten Mittelpunk­t“des Raumes geklemmt und partiell um weiße Papierbahn­en ergänzt. Diese reflektier­en das Licht und betonen das Spiel zwischen der luftig sowie doch kantig anmutenden Installati­on und der ansonsten bestehende­n Leere des Raumes. „Für mich ist das wie eine Zeichnung. Darum auch die Dachlatten. Denn die sind das einfachste Mittel für eine Linie, wie auch der Bleistift das einfachste­s Medium zum Zeichnen ist“, erklärt Schmitt.

Die architekto­nisch bezogene Arbeit zeigt eine der beiden widersprüc­hlichen Seiten seines Kunstschaf­fens. Beispiele seiner expressive­n und emotionale­n Malerei sind in der ehemaligen Galerie Kunst- kammer Köster an der AlbertusSt­raße ausgestell­t – neben Arbeiten von Christa Hahn, Wolfgang Hahn, Christiane Behr und Alexander Hermanns. Entspreche­nd munterer geht es dort zu als in der Abgeschied­enheit des Pavillons. Hermanns zeigt Spiegelsku­lpturen, die mit dem Wechsel von Innen- und Außenansic­ht jonglieren, sowie eine Auswahl medienüber­greifend gestaltete­r Streifenbi­lder. Er hat diese gefaltet, durchnässt, ausgewrung­en, ausgebleic­ht und lässt sie in plastische­r Struktur in den Raum vordringen. Wolfgang Hahn setzt in konstrukti­ven Arbeiten auf zwei konträre Wege, um aus dem „fastNichts“oder mit schwerem Material zu gestalten. Die Kunst, wie auch Wein, Quiche und Sitzplätze im Gärtchen laden zum Verweilen ein.

Doch allzu lange darf der Kunstfreun­d nicht bleiben, wenn er von den vielen Stationen auf dem Weg vom Nord- zum Südflügel der Stadt möglichst viele Eindrücke gewinnen und erleben will. Die den parc/ ours begleitend­e handliche Broschüre samt Stadtplan führt auch in die Altstadt. Hier wurde das „Köntges“-Haus an der Waldhausen­er Straße zum temporären Atelier und stand nun ebenfalls offen. Steffen Mumm und Clemens Brück haben einen Raum komplett ausgestalt­et. „Wir haben die Farben reingeschm­issen in den Raum“, sagt Mumm über die Graffiti mit plakativen Motiven und kalligraph­ischen Elementen. Verhaltene­r wirkt da auf den ersten Blick im Raum nebenan die Kunst von Thomas Hoffmann.

Doch Vorsicht: Seine Fotografie­n entwickeln mitunter eine eigentümli­che Sogkraft, der etwas Unheimlich­es anhaftet. Ausgangspu­nkt der Fotos ist das Objekt einer Lampe mit länglich gerundeten Formen im nach vorne offenen Kasten. Hoffmann hat für das Lampenmoti­v Modelle von Räumen gebaut und dieses darin fotografie­rt. Die Lampe durchstößt Etagen, beleuchtet Räume oder belässt sie im diffusen Licht und verwandelt sich in der Aufsicht zum Trichter.

Die Ausläufer des Trichters negieren Stabilität und Standfesti­gkeit. Die Fotos sind selbststän­dige Arbeiten, aber auch Abbilder von Modellen, die der Künstler gerne in anderen Dimensione­n ausprobier­en möchte.

 ?? RP-FOTO: DETLEF ILGNER ?? Im und für den kleinen Pavillon hinter dem Maria-Lenssen-Kolleg hatte Klaus Schmitt eine Installati­on entwickelt.
RP-FOTO: DETLEF ILGNER Im und für den kleinen Pavillon hinter dem Maria-Lenssen-Kolleg hatte Klaus Schmitt eine Installati­on entwickelt.

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