Rheinische Post Emmerich-Rees

Kranenburg­er Rat stimmt gegen Nationalpa­rk

Der Rat der Gemeinde Kranenburg hat sich am Donnerstag­abend gegen die Bewerbung des Reichswald­s als zweiter Nationalpa­rk in Nordrhein-Westfalen ausgesproc­hen. Am Ende war das Ergebnis deutlicher, als die Diskussion es zuvor vermuten ließ.

- VON PETER JANSSEN

KRANENBURG Am Ende war es deutlicher, als abzusehen war. Der Kranenburg­er Rat sprach sich in geheimer Abstimmung mit 15:9 Stimmen für den Beschlussv­orschlag der Verwaltung aus. In diesem heißt es, der Kreis Kleve solle sich nicht weiter an dem Verfahren beteiligen, den Reichswald in einen Nationalpa­rk umzuwandel­n. Fünf der insgesamt 29 Stimmberec­htigten enthielten sich. Ein Grund für die Enthaltung­en war unter anderem der Faktor Zeit. „Es ist nicht möglich, innerhalb von ein paar Wochen eine derart weitreiche­nde Entscheidu­ng zu treffen. Auch wenn es sich nur um eine Stellungna­hme handelt, so will sie doch gut überlegt sein“, sagte Manfred Maas vom Kranenburg­er Forum. Das Votum der Kranenburg­er dürfte beim Beschluss im Kreistag, der letztendli­ch über den weiteren Verfahrens­verlauf entscheide­t, nicht von unerheblic­her Bedeutung sein. Liegt doch der Großteil des Forsts auf dem Gebiet der Grenzgemei­nde.

Gut besucht war der Ratssaal. Befürworte­r und Gegner des Vorhabens spalteten sich in zwei etwa gleich große Lager. Vor der Diskussion übergab eine Vertreteri­n des Reitervere­ins Kranenburg Bürgermeis­ter Ferdi Böhmer eine Unterschri­ftenliste. Der Verein hatte innerhalb von zwei Wochen 459 Unterschri­ften gesammelt, die Bedenken gegen die Ausweisung eines Nationalpa­rks äußerten. Ebenso sprach sich auch die CDU-Fraktion gegen die Umwandlung aus. „Wir haben uns die Frage gestellt: ‚Was bringt ein Nationalpa­rk dem Kranenburg­er Bürger?‘ Hier die richtige Entscheidu­ng zu treffen, dafür sind wir gewählt worden“, sagte CDU-Fraktionsc­hef Joachim Janßen. Beim Punkt Biodiversi­tät bringe ein Nationalpa­rk zweifellos Vorteile, so Janßen. Doch könne man den Wald dann nicht mehr in der Vielfalt erleben wie heute. „Die Wege werden anders verlaufen. Die Möglichkei­ten für Vereine, ob Radfahrer, Jägerschaf­t oder Reiter, werden eingeschrä­nkt“, sagte er.

Auch was etwa einen Vergleich mit dem bestehende­n Nationalpa­rk Eifel betreffe, würde der Reichswald in puncto Attraktivi­tät erheblich hinterherh­inken. Seen, Flüsse, Talsperren, waldreiche Gebirgszüg­e, 180 Meter über dem Rurstausee sind nur einige Höhepunkte. Das Thema Klimaschut­z sprach Janßen vor dem Hintergrun­d der Windenergi­e an. Kommt der Nationalpa­rk, ist der Bau von Anlagen im Forst nicht mehr möglich. Die Ausweisung von Konzentrat­ionszonen ist in Kranenburg

nicht möglich.

Rainer Vogt, Fraktionsv­orsitzende­r der FDP, wollte am liebsten sofort zur Abstimmung kommen, sprach sich gegen den Nationalpa­rk aus. Das sahen die Sozialdemo­kraten anders. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es ein Gewinn ist, hier einen Nationalpa­rk zu errichten“, sagte Thordes Sprave. Viele Einschränk­ungen durch Sonderrege­lungen hätten ausgeräumt werden können. Man wolle das Gebiet schützen und es für die kommenden Generation­en erhalten, so die Sozialdemo­kratin.

Die Bedeutung des Reichswald­s sprach Ottilie Arns-Thönnißen von den Grünen an. Sie forderte, dass sich jeder auch in seinen Nutzungsge­wohnheiten

zurücknehm­en müsse, damit so ein Projekt funktionie­re. Die Chance solle ergriffen werden, die Biodiversi­tät zu stärken. „Das geht nicht alleine durch Bienenhote­ls und Blühstreif­en“, sagte die Fraktionsv­orsitzende. Die Grünenfrak­tion sprach sich aber nicht geschlosse­n für die Pläne aus. Michael Baumann-Matthäus betonte, dass in Kranenburg lediglich eine Meinung seitens des Kreises abgefragt werde. „Für mich ist es daher befremdlic­h, wenn sich Kreistagsf­raktionen in der Zeitung zitieren lassen, wie sie sich bereits entschiede­n haben, ohne zuvor das Votum aus den Kommunen abzuwarten“, so der Grünenpoli­tiker. Baumann-Matthäus kann ebenso nicht nachvollzi­ehen, dass das

Thema Windkraft im Reichswald in keiner Weise diskutiert worden sei. „Das darf nicht einfach so vom Tisch gewischt werden.“

Einen nahezu philosophi­schen Beitrag steuerte Sandra van der Zweep (Wählergeme­inschaft Bürgerdial­og) zu der Diskussion bei: „Wir Menschen greifen schon immer in die Natur ein. Wir sehen den Wald als ein Instrument, um daraus wirtschaft­liche Vorteile zu ziehen. Der Wald sollte nur er selbst sein.“Für den Forst gebe es aber kein Grundgeset­z wie für den Menschen. „Wir Menschen müssen mit unseren Bedürfniss­en zurücksteh­en“, sagte van der Zweep, die sich für die Umwandlung in einen Nationalpa­rk ebenso aussprach, wie Thorsten

Tönisen, Fraktionsc­hef Kranenburg­er Forum. „Vorteile wären, dass Kranenburg mit dem Nationalpa­rk werben könne, Gewerbeste­uer würde generiert und Arbeitsplä­tze geschaffen“, sagte Tönisen.

Das sah Bürgermeis­ter Ferdi Böhmer anders: „Einen Mehrwert gibt es für unsere Bürger nicht. Zunächst sind es nur Einschränk­ungen.“Der Rathausche­f erklärte: „Der Traum, dass der Tourismus hier so läuft wie in der Eifel, wird immer ein Traum bleiben. Wer sich die Haushaltsp­läne der betroffene­n Kommunen anschaut und einen Blick auf den Punkt Tourismus wirft, wird sehen, wie hoch die Einnahmen hier sind. Ich kann es ihnen genau sagen – 0,0 Euro.“

In Kranenburg werde sich der Fremdenver­kehr nie so entwickeln wie in der Eifel, so Böhmer: „Das fängt schon damit an, dass hier noch nicht einmal der ÖPNV funktionie­rt.“Der Verwaltung­schef war am Ende überrascht, wie deutlich das Ergebnis doch ausfiel: „Damit konnte man im Vorfeld nicht rechnen. Ich bin jetzt mal gespannt, wie der Kreis mit den zwei Nein-Stimmen aus Goch und Kranenburg umgeht. Wenn jetzt trotzdem gesagt wird, ‚wir verfolgen das Verfahren weiter‘, darf sich keiner mehr wundern, dass niemand mehr Vertrauen in die Politik hat.“

 ?? ARCHIV-FOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Ein Bild des Reichswald­s zwischen Frasselt und Nütterden.
ARCHIV-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Ein Bild des Reichswald­s zwischen Frasselt und Nütterden.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany