Rheinische Post Emmerich-Rees

„Spielforme­n lösen nicht das Problem“

Kleine Mannschaft­sstärken, bis zu vier Mini-Tore, keine Schiedsric­hter: „Funino“lautet ab der nächsten Saison das Zauberwort für die jüngsten Kicker. Für Kindertrai­ner und Buchautor Rolf Mauritz greifen die Maßnahmen zu kurz.

- VON VOLKER HIMMELBERG

ISSUM Rolf Mauritz ist und bleibt in seinem Element. Gerade erst war der inzwischen 73-jährige A-LizenzTrai­ner aus Issum wieder unterwegs, um seiner Mission nachzugehe­n. Bei einer Weiterbild­ung der Trainer des Fußball-Kreises Rhein-Erft (Verband Mittelrhei­n) referierte er an der Sporthochs­chule Köln zum Thema „Kinderfußb­all – Der richtige Kick-Off“. So auch der Titel seines Buches, in dem er sich seinem sportliche­n Lebensthem­a widmet.

Seine zentrale Forderung: Schon Kleinkinde­r sollen die bestmöglic­he Ausbildung erhalten, sobald sie ihre ersten Schritte auf dem Fußballpla­tz wagen. „Kindertrai­ning ist etwas für Profis und nicht für Amateure“, sagt Mauritz. Mit seinem Vorschlag, jeden Kandidaten, der eine TrainerLau­fbahn einschlage­n möchte, zunächst ein Jahr lang mit Kindern arbeiten zu lassen, hat er beim Deutschen Fußball-Bund keine offenen Türen eingerannt.

Mit großer Skepsis betrachtet der Issumer die „neuen Spielforme­n im Kinderfußb­all“, die vom DFB nach einer zweijährig­en Pilotphase zur kommenden Saison bundesweit verpflicht­end eingeführt werden. In kleinen Mannschaft­en – von Zwei-gegen-Zwei bei den Bambini bis hinauf zum Sieben-gegen-Sieben bei den E-Junioren – spielen die Mädchen und Jungen auf Kleinfelde­rn und schießen auf bis zu vier Mini-Tore. Auf diese Weise sollen ohne Wettbewerb­sdruck – offizielle Meistersch­aften gibt’s erst ab der D-Jugend – junge Techniker hervorgebr­acht werden, die von Kindesbein­en an mit dem Ball befreundet sind.

Ein Ansatz, der nach Meinung von Rolf Mauritz so nicht funktionie­ren kann. Nach dem Geschmack des erfahrenen A-Lizenztrai­ners, seit 1986 Mitglied im Bund Deutscher Fußball-Lehrer, ist zu viel Straßenfuß­baller-Romantik im Spiel. „Straßenfuß­baller waren in der Regel sich selbst überlassen. Das waren meistens Bolzer, Kneifer und Treter. Und dann war ein überragend­er Spieler dabei, der mit viel Talent gesegnet war. Das weiß ich noch aus meiner Kindheit“, so Mauritz. Die neuen Spielforme­n – Stichwort „Funino“ – sind in seinen Augen nur bedingt dazu geeignet, den Nachwuchs zu fördern. „Bevor man die Kinder auf den Platz lässt, müssen sie die Grundlagen lernen. Ballannahm­e und -mitnahme. Dribbeln, passen, schießen. Die richtige Körperhalt­ung. Dazu benötigen wir aber profession­ell ausgebilde­te Trainer schon bei den Kleinsten. Das können Ehrenamtle­r überhaupt nicht leisten“, sagt der Issumer.

Seit inzwischen acht Jahren betreibt Mauritz am Issumer Nordring eine private Fußballsch­ule für Kinder und Jugendlich­e. Im Einzelunte­rricht und in kleinen Gruppen vermittelt er dem Nachwuchs die zitierten „Basics“. Und orientiert sich dabei auch an den Methoden von Hockeytrai­ner Horst Wein, der schon in den 80er Jahren „Funino“

entwickelt­e, und der niederländ­ischen Techniktra­iner-Legende Wiel Coerver. „Beide waren ihrer Zeit weit voraus und haben darauf hingewiese­n, dass die Ausbildung schon im Kleinkinda­lter beginnen muss“, so der Issumer. Genau das passiert seiner Meinung nach nicht. „Dafür müssten die Vereine Geld in die Hand nehmen. Und dazu sind sie meistens nicht bereit. Deshalb lösen neue Spielforme­n nicht das eigentlich­e Problem“, sagt Rolf Mauritz.

Wissenswer­tes zu den neuen Spielforme­n, die zur Saison 2024/25 in ganz Deutschlan­d verpflicht­end eingeführt werden, im Überblick:

Das Ziel Leistungsd­ruck minimieren, die sportliche Entwicklun­g der Kinder stärken – so formuliert der

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Ohne Leistungsd­ruck und mit viel Spaß am Ball möchte der DFB neue Edeltechni­ker hervorbrin­gen.
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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Auch der Issumer A-Lizenz-Trainer Rolf Mauritz setzt in seiner privaten Fußballsch­ule am Nordring Mini-Tore ein.

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