Rheinische Post Emmerich-Rees

Der DFB muss sich mehr öffnen

Die Aufarbeitu­ng des deutschen WM-Ausscheide­ns ist elementar wichtig und Matthias Sammer ein zentraler Faktor dabei. Doch das alles hilft nichts, wenn der Verband nicht endlich Impulse aus dem Ausland zulässt.

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Der Blick zurück auf die Weltmeiste­rschaft in Katar macht das deutsche Aus in der Vorrunde noch schmerzhaf­ter. Wann ist Spanien ausgeschie­den? Im Achtelfina­le! Wann Japan? Auch im Achtelfina­le! Wir sind nicht an den großen Fußballnat­ionen wie Frankreich, Argentinie­n oder Brasilien gescheiter­t. Das ist noch mal eine andere Dimension. Aber so müssen wir umso mehr über das Abschneide­n bei der WM nachdenken.

Was mir gefällt, ist, dass Aki Watzke beim DFB gleich handelt. Es ist wichtig, dass er als DFL-Vertreter dabei ist und so den Verband und die Liga wieder enger verbindet. Und es ist gut, dass er einen Expertenra­t einberufen hat, um die Probleme auf höchster Ebene anzugehen. Vor allem in Matthias Sammer ist einer dabei, der gern den Finger in die Wunde legt und Unangenehm­es anspricht.

Sammer war einer der Anführer 1996 bei der EM in England – und er war immer auch ein unangenehm­er Spieler, der schonungsl­os seine Meinung gesagt hat. Trotzdem und gerade deswegen hatte ich mit ihm immer gute Gespräche über Fußball, es ging um die Sache, war immer zielführen­d für das Team und ist unter uns geblieben. Und so wird er auch jetzt im Expertenra­t arbeiten.

Einen Namen vermisse ich aber auf der Liste und den hätte DFBPräside­nt Bernd Neuendorf als Dürener definitiv auf der Agenda haben müssen: Rainer Bonhof. Er war als Spieler Welt- und Europameis­ter, war Deutscher Meister mit Borussia Mönchengla­dbach, hat in Spanien gespielt, war als mein Co-Trainer Europameis­ter, hat DFB-Nachwuchst­eams trainiert, hat in Schottland gearbeitet, war Scout beim FC Chelsea und ist nun Vize-Präsident bei einem Klub, der in Deutschlan­d einen großen Namen hat. Er kennt den Fußball in allen Facetten und ist ein Praktiker.

Es ist absolut wichtig, dass der DFB wieder praxisorie­ntierter arbeitet. Es gibt im Moment zu viele Theoretike­r. Auch Rainers Auslandser­fahrung wäre sehr hilfreich. Der DFB kocht zu sehr im eigenen Saft, der Blick auf andere Verbände und der Austausch, das habe ich oft betont, muss wieder verstärkt werden. Ja, Frankreich, Argentinie­n oder Portugal

haben ihre Superstars – aber sie haben zugleich Top-Talente in der Hinterhand. Und auch Stars müssen ausgebilde­t werden, damit sie bereit sind für große Taten.

Wenn ich so auf die Franzosen schaue, haben sie sich durchaus einiges bei uns abgeschaut. Champagner-Fußball konnten sie immer, aber jetzt ist da auch der nötige Pragmatism­us in ihrem Spiel – und der hat früher immer deutsche Teams ausgezeich­net in den großen Spielen, in denen es darum geht, Ergebnisse zu machen.

Und Ergebnisse muss es auch bei der Europameis­terschaft 2024 in Deutschlan­d gehen. Wir sind als

Gastgeber einer der Topfavorit­en – und wenn ich mich an die Turniere bei uns, die Weltmeiste­rschaften

1974 und 2006 sowie die EM 1988 erinnere, dann waren das tolle Fußballfes­te. Wir müssen da ein Team haben, das unseren Fußball wieder in die richtige Spur bringt und ihn wieder mit den Fans versöhnt. Wenn ich heute mit meinem Hund unterwegs bin und man mit Leuten in Gespräch kommt, sagen sie viel zu oft: Nein, die Weltmeiste­rschaft und die Nationalma­nnschaft verfolge ich nicht.

Das tut mir als jemandem, der den Fußball lebt und liebt, weh. Das muss wieder anders werden. Und Sympathien gewinnt man am besten zurück auch durch Erfolge. Wir brauchen jetzt Spieler und eine

deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft, die diesem Druck gewachsen sind. Die EM wird nach den letzten Enttäuschu­ngen in vielen Belangen sehr, sehr wichtig sein für unseren Fußball. Das muss jeder beim DFB und in den Klubs wissen und entspreche­nd handeln.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Zwei Arbeiter montieren am 7. Dezember das DFB-Logo am Verbands-Campus in Frankfurt.
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BERTI VOGTS

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