Kommentar zur Vintage-Inflation
Auf Vinted, Ebay oder auf dem Flohmarkt: Der Begriff „Vintage“ist in aller Munde.
Was bedeutet eigentlich Vintage? Genau genommen ist der Begriff nur ein Synonym für Secondhand. Seit ein paar Jahren erleben wir einen starken Aufschwung dieser Moderichtung. Doch das hat hohe Preise für gebrauchte Kleidung zur Folge. Noch vor ein paar Jahren waren gebrauchte Kleidungsstücke ein Indiz für Uncoolness. In Zeiten der Energiepreiskrise und Inflation ist es fraglich, ob man sich die Preise für Secondhand-Mode überhaupt noch leisten kann – sie steigen stetig.
Neuerdings werden Resales, Humana & Co. von Menschen bevölkert, die verspiegelte Sonnenbrillen als schnell bezeichnen.Und eine gebrauchte Levi’s-Jeans für weniger als 25 Euro ist in vielen SecondhandShops eine echte Rarität geworden.
Der springende Punkt ist hier, dass Fast Fashion die Möglichkeit gesteigert hat, das Gleiche zu tragen wie andere. Das stellt sich dem Drang nach Individualität entgegen. Der Vintage-Markt hat den Vorteil, dass es viele Einzelstücke gibt. Durch limitierte Ware oder auch die VintageTeile
kann man sich besonders von der Masse abheben. Das Kleidungsstück, das nur wenige haben, wird zum Statussymbol. Was für ein cleverer Schachzug vom Kapitalismus: alte Jeans für 100 Euro!
Ein extremer Katalysator ist die App Tiktok. Unter dem Hashtag #Vintedhaul kann man sich Videos von Menschen anschauen, die freudestrahlend ihre Pakete aufreißen.
Dass Secondhand-Mode so populär geworden ist, ist prinzipiell ein Schritt in die richtige Richtung. Immerhin verdienen daran weniger milliardenschwere Unternehmen und es ist nachhaltiger. Doch die Vintage-Inflation benachteiligt dazu Einkommensschwache: Wenn eine Vintage-Jeans teurer ist als eine Jeans von Primark, dann ist doch klar, worauf die Wahl fällt.*