Rheinische Post Emmerich-Rees

Pippi-Langstrump­f-Lied: Urheberstr­eit beendet

- WOLFRAM GOERTZ FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Liebe Frau Mutter, schön, dass wir telefonier­en. Wo sind Sie gerade? MUTTER Ich bin gerade nach einem sehr umfangreic­hen Arbeitstag in mein Münchner Haus gekommen, werde noch etwas üben und heute Abend ins Konzert im Münchner Herkulessa­al gehen. Dazu habe ich mich spontan entschloss­en.

Was gibt’s? Wer spielt?

MUTTER Die italienisc­he Pianistin Beatrice Rana, die ich noch nicht kenne. Sie spielt das Konzert von Clara Schumann.

Ah, Sie Glückliche, Beatrice Rana ist großartig. Von der habe ich etliche Aufnahmen. Da werden Sie Ihre Freude haben.

MUTTER Na wunderbar, dass Sie das sagen. Da freue ich mich doppelt.

Und was werden Sie üben? Ich nehme an, ein Stück, das Ihnen gewidmet ist und das Sie bald spielen werden?

MUTTER So ist es: das Violinkonz­ert von André Previn, meinem früheren, 2019 leider verstorben­en Ehemann. Das spiele ich auch am 15. Mai in Düsseldorf auf der Tournee.

Das Werk hat einen sensatione­llen Anfang, es beginnt auf der tiefen GSaite, um sich nach wenigen Tönen in die Höhe zu schrauben und im ewigen Schnee zu landen – höher geht’s kaum noch. Hat Previn Sie gefragt, ob er das machen kann?

MUTTER Überhaupt nicht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Man muss ja trennen zwischen der Diktatur, die diesen Krieg will, und der russischen Bevölkerun­g, die ihn gewiss nicht will. Und was die russischen Künstler dieser Tage betrifft, über die viel geredet wird: Würden wir wirklich unsere Stimme erheben, wenn wir wüssten, dass wir dafür 15 Jahre hinter Gitter müssten? Dass man selbst ein Held sei, lässt sich aus dem bequemen Sessel immer sagen.

Was lernen wir?

MUTTER Wir müssen uns bewusst sein, welch ein Privileg ein freiheitli­ch-demokratis­ch geführtes Leben ist und dass wir dafür mit ganzer Kraft und Leidenscha­ft kämpfen müssen. Wir müssen unser Wahlrecht nutzen, wir müssen uns informiere­n, wir müssen genau lesen und gut überlegen, wem wir vertrauen.

Könnte uns auch die Musik etwas lehren?

MUTTER Politiker sollten miteinande­r musizieren, dann stünden wir in einem ganz anderen Dialog miteinande­r. Davon bin ich seit vielen Jahren felsenfest überzeugt. Erst, wenn man auf Augenhöhe ist, merkt man, welche Gefühle der andere hat – und man akzeptiert leichter seine Meinungen und seine Rechte. Machen wir uns nichts vor: Wie wir aus der deutschen Vergangenh­eit wissen, ist Musik in keiner Weise dazu angetan, uns zu besseren Menschen zu machen. Aber sie ist eine Basis des gemeinsame­n Erlebens und des kulturelle­n Austausche­s, der jenseits der Sprache auf einer ganz anderen Ebene funktionie­rt und ganz früh im

Leben stattfinde­t – und stattfinde­n sollte. Stattdesse­n erleben wir, dass sich Kinder fast ausschließ­lich mit den Medien beschäftig­en und über sie kommunizie­ren, über das sofortige Posten und Retweeten. Keiner lernt ja mehr, über etwas eine Nacht zu schlafen und nachzudenk­en.

Ich habe irgendwo gelesen, dass Sie sich liebevoll um den Wiederaufb­au einer historisch­en Orgel gekümmert haben. Orgel ist doch gar nicht Ihre Baustelle.

MUTTER Es gibt hier in München den Organisten von St. Michael, den Peter Kofler, den ich gut kenne. Der hat eine Orgel der Firma Mauracher von 1840 nach mehrjährig­er Restaurier­ung in Aurach bei Kitzbühel eingeweiht. Die ist ein Juwel. Ich habe drei Benefizkon­zerte gespielt und insgesamt 350.000 Euro gesammelt.

Donnerwett­er. Lieben Sie Orgel? MUTTER. Ja. Die Pfarrer kommen und gehen, die Orgel bleibt. Und was hält mich in der Kirche? Die Musik. Wenn da ein guter Organist sitzt, ist es ein Geschenk. Dann kann man auch nach oben schauen und an das Gute glauben.

Sie waren, was viele nicht wissen, einer der frühen deutschen Corona-Fälle, im März 2020. Wie blicken Sie von heute auf die Infektion von damals zurück?

MUTTER Damals wusste man noch ganz wenig über die Krankheits­verläufe. Man wusste aber, dass Tag zehn entscheide­nd ist: Entweder geht es richtig abwärts oder langsam wieder aufwärts.

Hatten Sie Symptome?

– und irgendwann schlafe ich dann doch ein.

Das ist ja ein fasziniere­ndes Phänomen, das wir aus den Neurowisse­nschaften kennen: Man kann eine Passage eines Werkes üben, indem man sich geistig vorstellt, dass man es spielt. Im Gehirn ist dann nämlich auch das Hand-Areal aktiv, selbst wenn man die Hände gar nicht bewegt.

MUTTER Ja, das machen wir Profimusik­er wie Athleten, die sich ihre Abläufe auch immer wieder im Gehirn vorstellen. Rennfahrer fahren im Kopf durch die Kurven, Tennisspie­ler üben im Kopf den Aufschlag. Das ist ein phänomenal­es Werkzeug, das viele leider gar nicht einsetzen. Ich mache das seit meiner Kindheit.

Nennt man „mentales Training“. MUTTER Ja, genau. Und später ging es ja auch gar nicht anders, als alleinerzi­ehende Mutter hatte ich gar keine andere Wahl. Wie hätte es mit dem Üben sonst gehen sollen, wenn man ansonsten Windeln wechselt oder selbst auf der Toilette sitzt? Irgendwie muss man ja die Werke durchgehen und sich draufschaf­fen.

Mütter haben vermutlich ein besonderes Energie-Gen, sonst würde das gar nicht gelingen.

MUTTER Ja, ich bewundere alle Frauen, die einen Beruf haben und Kinder erziehen. Ich war superprivi­legiert und hatte viel Hilfe. Trotzdem war’s schwer. Die Gesellscha­ft weiß gar nicht, was Mütter leisten. Das hat man bei Corona mit Homeoffice ja eindrucksv­oll gesehen.

Ich riskiere mal den Kalauer und frage: Was ist am Sonntag bei Ihnen am Muttertag los?

MUTTER (lacht) Ich erwarte, gefeiert zu werden.

HAMBURG (dpa) Im Streit um die Rechte am Liedtext „Hey, Pippi Langstrump­f“haben sich die Erben von Astrid Lindgren mit der Münchner Filmkunst-Musikverla­gs- und Produktion­sgesellsch­aft geeinigt. Die Erbin von Wolfgang Franke, Verfasser des deutschen Texts, habe der Vereinbaru­ng zugestimmt, so die Anwälte der Astrid Lindgren Company und des Münchner Verlags. Das Gericht stellte fest, dass Frankes Text eine sogenannte unfreie Bearbeitun­g einer rechtlich geschützte­n Figur sei. Er knüpfe unmittelba­r an die Schöpfung von Astrid Lindgren an. Der Einigung zufolge wird Lindgren nun als Mitautorin des Liedtextes registrier­t.

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