Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ungereimtheiten im Prozess um eine Vergewaltigung
HEERDT Einer der merkwürdigsten Vergewaltigungsprozesse seit Jahren hat am Freitag vor dem Landgericht begonnen. Auf der Anklagebank sitzt ein 34-jähriger Drogensüchtiger, der sich an eine Vergewaltigung vom Juli 2022 auf dem Friedhofsgelände in Heerdt angeblich nicht erinnern kann. Und die 40-jährige Opferzeugin hat zu Beginn ihrer Aussage diesen Angeklagten im Gerichtssaal weder eindeutig als Täter erkannt, noch hat die Frau ihn entlastet.
Kurz nach der Tat hatte die Frau wiederholt eine Täterbeschreibung abgegeben, die nicht zu dem 34-Jährigen passt. Und doch waren DNASpuren des Angeklagten am Opfer entdeckt worden.
In jener Julinacht 2022 war die Frau schläfrig und unter Alkoholeinfluss kurz vor fünf Uhr morgens von einem Altstadtbesuch nach Heerdt zurückgekehrt. Als sie an der Schiessstraße an einem der Friedhofseingänge vorbeikam, sei sie von hinten plötzlich attackiert, auf das Friedhofsgelände gezerrt und dort vergewaltigt worden. Sie habe sich nicht wehren können, weil sie kurz nach einer Schulteroperation gehandicapt gewesen sei. Ununterbrochen weinend habe sie den Täter vielfach gebeten, auf ihre Schulter zu achten – und sogar versprochen, ihn nicht anzuzeigen, wenn er sie in Ruhe ließe.
Beschrieben hat sie den Vergewaltiger damals und auch in nachfolgenden Befragungen als „südländischen Typ“mit schwarzem, stark gelocktem Haar und etwa 1,70 Meter groß. „Das passt so gar nicht zum Angeklagten“, stellte dessen Verteidigerin zu Prozessbeginn fest. Ihr Mandant ist dunkelblond, trug das Haar damals zwar lang, aber nicht gelockt – und er ist „über 1,80 Meter groß“.
Zudem versicherte die Anwältin für ihren Mandanten, er könne sich „an so eine Tat nicht erinnern“, die Vorwürfe seien ihm „absolut unerklärlich, einfach nicht nachvollziehbar“. Als Drogensüchtiger mit bis zu zehn Gramm AmphetaminVerbrauch pro Tag plus Alkoholkonsum habe er allerdings „oft Ausfälle gehabt“, an die gesamte „Sommerzeit nicht so richtig eine Erinnerung“. Aber wegen Gewaltdelikten sei er bisher nie aufgefallen.
Ein Fakt, an dem jedoch niemand vorbeikommt, sind die Dna-spuren des Angeklagten, die auf der Kleidung und an dem Opfer entdeckt wurden. Dafür habe der Angeklagte, so die Anwältin, „keine Erklärung“. Zumal der Heerdter Friedhof „nicht auf seiner Wegstrecke lag“, wenn er im Drogenrausch damals regelmäßig ein Nachtlager in einer Unterkunft für Obdachlose aufsuchte. Der Prozess dauert an.