Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Kritik an Förderprogramm für Start-ups
Investoren, die junge Firmen unterstützen, erhalten mehr Geld. Doch die Deckelung des Zuschusses ist umstritten.
DÜSSELDORF Es ist eine Nachricht, die in der Gründerszene zunächst für Erleichterung gesorgt hat: Die Bundesregierung nimmt ihr Förderprogramm „Invest“für private Investoren nach sechswöchiger Pause wieder auf, verlängert es um vier Jahre bis Ende 2026 und erhöht sogar die Zuschüsse. Statt 20 Prozent des eingesetzten Kapitals erhalten sogenannte Business Angels nun 25 Prozent vom Staat zurück, wenn sie ein Start-up unterstützen. Als Business Angels bezeichnet man Investoren, die Start-ups nicht nur mit Geld, sondern auch mit ihrem Wissen unterstützen. In den meisten Fällen haben sie selbst schon gegründet. Außerdem sind die Hürden für Neulinge geringer: Die Mindestinvestitionssumme für den Zuschuss liegt nun bei 10.000 Euro statt bei 25.000 Euro.
Viele Gründerinnen und Gründer bewerten das als sehr positiven Schritt: „Start-ups haben endlich wieder Planungssicherheit, deshalb sind wir sehr froh, dass es weitergeht mit ,Invest’“, sagt Madeleine Heuts, Vorsitzende von Nrwalley. Das Programm war seit dem 1. Januar fast sechs Wochen ausgesetzt worden, weil Förderrichtlinien überarbeitet wurden und die Eu-kommission ihre Zustimmung geben musste. Viele Business Angels hätten laut Heuts in dieser Zeit gezögert, in Start-ups zu investieren und ihr Geld lieber behalten. Aus der Szene heißt es außerdem, dass viele Gründer Sorge hatten, ihre jungen Unternehmen ohne dieses Wagniskapital nicht halten zu können. Angesichts der konjunkturellen Lage sei es dringend notwendig gewesen, das Förderprogramm wiederaufzunehmen, sagt Christoph Stresing, Geschäftsführer des Start-up-verbands.
Doch es gibt auch kritische Stimmen – vor allem von etablierten Business Angels wie Matthias Helfrich aus Wiesbaden. Der 56-Jährige hat in den vergangenen elf Jahren in 25 Start-ups investiert – oft sechsstellige Summen. Er fühlt sich von den neuen Bedingungen des För
INFO derprogramms vor den Kopf gestoßen. Der Bund hat nämlich nicht nur die Zuschüsse erhöht und die Mindestinvestitionssumme niedriger angesetzt, sondern auch einen Höchstzuschuss festgelegt. Der beträgt 100.000 Euro pro Investor. Unterstützt also jemand ein Startup mit mehr als 400.000 Euro, fällt der staatliche 25-Prozent-zuschuss weg. „Ich finde es zwar auch super, dass das Programm weiterläuft und nun mehr Menschen als Business Angels aktiviert werden. Doch erfahrene Investoren, die größere Summen in die Hand nehmen, schließt man damit systematisch aus“, sagt Helfrich. Der Fehler des Bundes liege darin, die Business Angels nur als Kapitalbringer zu sehen. Dabei gehöre so viel mehr dazu – vor allem von ihrer Erfahrung könnten Startups stark profitieren. Die brächten Investoren, die neu im Geschäft seien, aber eben noch nicht mit. „Nun werden sicherlich viele Business Angels ganz aufhören, eher im Ausland investieren oder sich ganz genau überlegen, wo sie noch ihre Erfahrungen teilen wollen, und wo nicht“, sagt Helfrich. Er wünsche sich, dass die Bundesregierung die Bedingungen noch einmal überarbeite und die beschlossene Deckelung wegfallen lasse. Zumindest sollten aus Helfrichs Sicht Investoren, die ein Start-up in den vergangenen fünf Jahren mit mehr als 400.000 Euro unterstützt haben, ihre Zuschüsse noch rückwirkend beantragen können. Aber auch das soll laut Bundesregierung nicht mehr möglich sein.
Madeleine Heuts von Nrwalley sieht das zwiegespalten: Einerseits könne sie den Ärger der etablierten Business Angels gut verstehen. Sie hätten so viel Geld in das Startup-ökosystem gepumpt und würden nun trotzdem abgestraft. Doch gleichzeitig findet sie, dass der Zuschuss nicht der einzige Beweggrund für eine Investition sein sollte. Und schließlich handele es sich dabei ja auch um Steuergelder. Insgesamt hofft sie, dass die neuen Bedingungen für „Invest“professionelle Business Angels nicht davon abhalten, zu investieren.