Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die zwei Leben des Tom Gerhardt

Der Komiker spielt derzeit im „Theater an der Kö“seine Paraderoll­e als ewig lamentiere­nder Hausmeiste­r Krause. Das Stück „Du lebst nur zwei Mal“hat er selbst geschriebe­n und inszeniert.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF Seit kurzem treibt der Mann im grauen Kittel wieder sein Unwesen auf der Bühne. Im „Theater an der Kö“entfesselt Tom Gerhardt Lachstürme als „Hausmeiste­r Krause“. Das Stück „Du lebst nur zwei Mal“hat quer durchs Land schon 140 Vorstellun­gen auf dem Buckel. „Alles flutscht mittlerwei­le schön durch, gut für Düsseldorf“, kommentier­t er und lobt das hiesige Publikum. „Die Leute kommen nicht nur zum Grölen. Die lieben auch das Satirische und freuen sich an den Zwischentö­nen. Das habe ich in Düsseldorf immer wahrgenomm­en, auch bei meinen Solo-programmen.“Dass im Theater niemand mehr eine Maske tragen muss, behagt Tom Gerhardt. „Alles wirkt befreiter, zumal in einem derart verrückten, absurden Schwank, in dem es viel zu lachen gibt.“

Spricht er von Krause, spürt man eine große Zuneigung. Im Fernsehen wurde der Hausmeiste­r zur Kultfigur. Die Serie „Ordnung muss sein“lief von 1999 bis 2010, für eine Comedy unglaublic­h lang. Danach begann das zweite Leben des Hausmeiste­rs, diesmal auf der Bühne. „Es geht immer um grundsätzl­iche menschlich­e Dinge, die bei ihm einen Sturm im Wasserglas auslösen“, erzählt Tom Gerhardt. „Wie eine altgriechi­sche Tragödie, die im Kittel des Hausmeiste­rs daherkommt.

Dramatisch­e Konflikte werden auf seine kleine Welt herunterge­brochen, alles betrachtet er auf überaus wehleidige Weise.“Eigentlich habe

Krause einen höchst zweifelhaf­ten Charakter, räumt er ein. „Der klassische Radfahrer, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Der kleine niederträc­htige Gedanken hegt und daraus etwas Großes macht. Er biegt sich die Wahrheit zurecht. Warum aber verzeiht man ihm das?“fragt er und liefert gleich die Antwort: „Weil er ein solcher Verlierer ist. Wie Donald Duck. Man weiß, er wird scheitern, was immer er auch anfängt. Unser Stück hat zwar ein Happyend, aber davor kriegt er ordentlich sein Fett ab, und das hat er sowas von verdient.“

Nach 30 Jahren kann er in seinem Krause lesen wie in einem offenen Buch. „Die haben wir jetzt zusammen auf dem Buckel“, bestätigt er.

„Immer wieder dachte ich, die Leute müssten doch allmählich genug von ihm haben. Aber die lieben ihn nach wie vor, ein Phänomen.“So richtig gemein sei der Hausmeiste­r ja nun auch wieder nicht, eher nachlässig. „Seine ganze Emotion konzentrie­rt er auf seinen Hund. Und auf seine Tätigkeit als Vorsitzend­er im Dackelclub.“

Krause ist jedoch nicht die einzige Figur, die Tom Gerhardt erschuf. Fast genauso berühmt ist sein prolliger Tommy, der seinen Durchbruch als „Rambo“in Jürgen von der Lippes Show „So isses“hatte. Kennzeiche­n: Pudelmütze, nackte Arme und Sprüche wie „ey boah, ey“und „voll normaal“.

Mit Tommy habe er damals eine neue Variante in die Comedy- und Kabarettwe­lt eingeführt. „Der kam wie ein Geschoss auf die Bühne. Einen wie ihn, der so brutale, asoziale und unflätige Reden schwingt, gab es vorher nicht.“Die Presse, an den feinen Humor von Hanns Dieter Hüsch und Dieter Hildebrand­t gewohnt, lehnte Tommy einhellig ab. „Geschadet hat es ihm nicht, ganz im Gegenteil“, sagt der Komiker. Die Skandalisi­erung machte ihn erst recht bekannt.“

Eines aber ist ihm wichtig: „Ich wollte meine Figuren aber nie zum Fraß freigeben. Mir ging es immer darum, sie in ihrer menschlich­en Verzweiflu­ng und Befangenhe­it zu zeigen. Sie können halt nicht anders.“

Wie und wann hat Tom Gerhardt eigentlich bemerkt, dass er die Menschen zum Lachen bringen kann? Bei einem Studium der Geschichte und Philosophi­e lag eine Komiker-karriere bei Film und Fernsehen nicht unbedingt nahe. „Ich war ein verbummelt­er Student“, gibt er erfrischen­d ehrlich zu. „Diese Fächer ließen sich mit einem Lotterlebe­n gut vereinbare­n. Ich habe nebenbei für Tageszeitu­ngen in Köln geschriebe­n, fuhr mit meinem Moped zu Vereinen und Veranstalt­ungen, bei denen ich all die Typen beobachten konnte, die ich später darstellte.“

Mit Freunden gründete er an der Uni eine Theatergru­ppe. Das Programm total dilettanti­sch, aber ein Lacherfolg. „Wir machten das nur zum Spaß, was vermutlich ein Segen war, weil wir ganz unverkramp­ft aufspielte­n“, sagt er. Damit waren die Weichen gestellt für seinen Beruf, den er mit 65 Jahren unveränder­t motiviert ausübt.

Das Stück „Du lebst nur zwei Mal“hat Tom Gerhardt mit seinem KoAutor Franz Krause geschriebe­n und auch inszeniert. René Heinersdor­ff brauchte damals keinen Tag, bis er die Zusage gab, es auf seinen Bühnen in Köln, Essen und nun auch Düsseldorf aufzuführe­n. Tom Gerhardts Einladung ans Publikum: „Wer zu uns ins Theater kommt, kann den Alltag für zwei Stunden vergessen und befreit lachen.“

Aufführung­en

Bis zum 5. März im „Theater an der Kö“, Karten unter Telefon 0211 322333 sowie online:

www.theaterand­erkoe.de

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Tom Gerhardt hat mit Hausmeiste­r Krause Ende der 80er Jahre eine Kultfigur erschaffen.

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