Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
LOKALE WIRTSCHAFT
Der Kö-bogen II steht vor der Fertigstellung, die meisten Geschäfte des Ingenhoven-tals haben bereits geöffnet.
Der Kö-bogen II ist offen – ob das Konzept Erfolg hat, wird sich noch zeigen.
STADTMITTE Düsseldorf wird durch den Rhein geprägt und ist als Oberzentrum zudem eine Shoppingstadt, die viel Kaufkraft aus der Region importiert. Beide Merkmale haben mit den beiden „Jahrhundertprojekten“zu tun, die in den letzten 30 Jahren Düsseldorf nach vorne gebracht und den Menschen neue Lebensqualität beschert haben. Die Rede ist vom Bau des Rheinufertunnels und der Promenade sowie vom U-bahnbau und der Gestaltung des Kö-bogens. Die Projekte haben gemeinsam, dass Autos oder andere Verkehrsmittel (die Straßenbahn) in der Tiefe verschwunden sind, um an der Erdoberfläche mehr Platz für die Menschen zu ermöglichen. In der Folge wird die Stadt zur Bühne und zum Erlebnisraum.
Der Wandel ist am Rheinufer gelebte Wirklichkeit, am Kö-bogen zumindest rund um die Libeskind-bauten, an die Open-air-gastronomie anknüpft und der Anschluss an den Hofgarten hergestellt ist. Bei Kö-bogen II ist der Zugewinn noch nicht erlebbar, aber er zeichnet sich ab: Die Gestaltung des Gustaf-gründgens-platzes schreitet ihrem Ende entgegen. Im hoffentlich nicht mehr so Corona-gebeuteltem nächsten Sommer wird sich dann zeigen, welche Anziehungskraft die neue Stadtmitte wirklich hat. Dann werden Cafés und Restaurants ihre Außenterrassen auf dem Gustaf-gründgens-platz betreiben, auch das derzeit noch abgesperrte aufsteigende Dach des Dreiecksgebäudes kann dann bestiegen werden. Dort können die Menschen auf einem Rasen Platz nehmen und das urbane Treiben von oben betrachten. Dieses Zusammenspiel von Sehen und Gesehen werden macht den Kern städtischer Attraktivität aus. Die große Unbekannte: Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die Fallwinde vom Dreischeibenhaus haben. Sie könnten die erwünschte Belebung des Platzes beeinträchtigen.
Nach dem wegen der Corona-schutzverordnung eher holprigen – weil schrittweisen – Start hat der Kö-bogen II als Geschäftshaus deutlich Gestalt angenommen. Der überwiegende Teil der Geschäfte hat eröffnet, einige von ihnen verzeichnen starke Besucherströme. Wie nachhaltig der Erfolg sein wird, dürfte erst dann sichtbar werden, wenn sich die Neugier auf den gigantischen Neubau gelegt hat. Erste Erkenntnisse kann man als Beobachter aber bereits ziehen.
So zeigt sich, dass der Mix aus weitgehend bereits etablierten Mode-ketten zwar prinzipiell an diese Ecke passt, von H & M bis zum Einrichtungsladen Depot, der bis vor einigen Monaten noch an der Mittelstraße zu finden war. Denn auch die sonstige Schadowstraße gilt im Vergleich zur nahen Königsallee als weniger hochpreisig (die Experten sagen gerne, sie ist „konsumig“) und im Vergleich zur Flinger Straße mit ihrem jungen Marken-mix als etwas gesetzter.
Was dabei aber zu kurz gekommen ist, ist die Magnetwirkung, die man von einem architektonisch so außergewöhnlichen Bauwerk fast zwangsläufig erwarten muss und erhoffen darf. Gepasst hätten hierher deshalb neue Konzepte, die die Stadt noch nicht kennt, etwa das erste Zalando Outlet Düsseldorfs, das nun stattdessen an der Kö eröffnen wird. Einzig das Outlet-konzept TK Maxx ist in Düsseldorf komplett neu und wird auch Wochen nach seiner Eröffnung von so vielen Menschen angesteuert, dass Warteschlangen vor dem Geschäft auch unter der Woche vorkommen. Gelockt werden die Kunden hier mit stark reduzierten Markenprodukten – ein Konzept, das hier besser zu funktionieren scheint als bei „Saks off 5th“, das im Carschhaus-gebäude von Beginn an mäßig viele Kunden begeisterte.
Auch Aldi und dm sind im Stadtzentrum bereits zu reichlich vertreten, als dass man zusätzliche Filialen dringend ersehnt hätte. Beide sind zudem in einem hinteren Eckchen des Zentrums angesiedelt, das ein gutes Stück vom Laufweg über die Einkaufsstraße entfernt liegt. Und außerdem im Untergeschoss untergebracht und damit fensterlos und nur über eine Rolltreppe zu erreichen.
Der Entwickler Centrum hat rund 600 Millionen Euro in das Vorhaben investiert und Maßstäbe gesetzt. Zur Schadowstraße hin ein großes Geschäftshaus mit 112 Meter breiter Glasfassade, präsentiert das Ingenhoven-tal zum Gründgens-platz Europas größte begrünte Fassade. Acht Kilometer Hainbuchen-hecken haben den ökologischen Effekt von 80 Hofgartenbäumen. Sie kühlen das Mikro-stadtklima an dieser Stelle, ein Ausgleich auch zur großen Glasfassade an der Schadowstraße, die an heißen Sommertagen die Schadowstraße aufheizt. Zwei Preise hat es für Kö-bogen II bereits gegeben, eine Auszeichnung bei der europaweit wichtigsten Immobilienmesse Mipim in Cannes wäre der Ritterschlag. Centrum will mit dem Ingenhoven-tal zeigen, wie stationärer Einzelhandel funktionieren kann: in spektakulärer Architektur in 1a-lagen.