„Einzelkämpfertum ist ein Irrweg“
Der Ausstellungsleiter gibt die „Große“ab. Er erzählt, wohin es ihn als Nächstes zieht und was er von seinem Nachfolger erwartet.
Herr Kortländer, warum Palermo? Ist es die lebendigere Stadt, die Sie suchen?
KORTLÄNDER Palermo ist eine uralte Kulturmetropole, während Düsseldorf jung ist. In Palermo sind die Strukturen offener, die Wege kürzer, die Räumlichkeiten einfacher zu finden. Es reizt mich auch die Schönheit der Stadt. Ich gründete 2013 den Verein Düsseldorf – Palermo, dessen Vorsitzender ich bin. Es gibt eine Städtepartnerschaft und einen Kooperationsvertrag beider Städte mit dem Verein. Ich will diese Kunstbrücke verstärken, habe schon seit mehreren Jahren eine Wohnung in Palermo, behalte aber meine hiesige Wohnung bei.
Warum haben Sie 2008 die Verantwortung für die „Große“übernommen?
KORTLÄNDER Ich war noch gar nicht im Vorstand, als mein Vorgänger Axel Vater die Ausstellung nur alle zwei Jahre stattfinden lassen wollte, mit wechselnden Kuratoren. Das gab einen Aufstand im Verein. Er wurde abgewählt, und das Projekt drohte unterzugehen. Da hob ich den Finger für die Nachfolge. Ich ließ die Ausstellung 2009 ausfallen, denn ich brauchte ein neues Konzept. 2010 war meine erste Ausstellung mit Hermann-Josef Kuhna als Preisträger.
Was wollten Sie als Ausstellungsleiter anders machen?
KORTLÄNDER Vor meiner Zeit gab es 400 bis 500 beteiligte Künstler und Stellwände im Kunstpalast, sodass man wie durch ein Labyrinth laufen musste. Heute ist die Ausstellung konzentriert, professionell gehängt und von einer unabhängigen Jury betreut, die von den ausstellenden Künstlern der letzten beiden Ausstellungen gewählt wird. Dadurch haben wir eine größere Transparenz und immer wieder eine andere Ausstellung.
Wie ist es mit den Bewerbungen?
KORTLÄNDER Sie sind permanent gestiegen. 2010 waren es circa 300, heute sind es 1200 Bewerbungen. Das bezeugt, wie attraktiv die „Große“geworden ist.
Was ist mit der Klüngelei?
KORTLÄNDER In früheren Jahrzehnten wurde massiv gemauschelt. Der inzwischen verstorbene Hans Günther Cremers lud Professoren und Freunde ohne Jury ein, einfach so. Dadurch bekam die Schau einen schlechten Ruf. Heute zeigen wir die besten Künstler aus Düsseldorf und NRW.
Wer darf mitmachen?
KORTLÄNDER Der Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen, der Träger der „Großen“, hat 280 Mitglieder. Sie können sich direkt bewerben, denn alle sind bildende Künstler. Wer sich erstmals bewirbt, muss eine Ausbildung als Künstler oder eine Ausstellungsliste einsenden. Das ist ein aufwendiges Durchsieben. Wir haben ein Bewerbungstool entwickelt. Aktuell hatten wir 1200 Bewerbungen, wobei die Jury 960 Bewerber zuließ. Es machen diesmal allerdings nur 153 Künstler mit. Die Jury wollte keine Briefmarkensammlung präsentieren, sondern entschied sich für weniger Positionen, aber mit jeweils zwei bis drei Arbeiten.
Wie ist es mit den Finanzen?
KORTLÄNDER Die „Große“ist nicht nur schön, sondern auch finanziell erfolgreich. Das macht sie für Künstler attraktiv. Sie finden es prickelnd zu sehen, wo der erste rote Punkt hängt. Wir kommen aber auch den Bürgern preislich entgegen, die keine 30.000 Euro in der Tasche haben. Für das „Kleine Format“zu Preisen bis 500 Euro haben wir ein eigenes Team. Da wird viel gekauft, im letzten Jahr für 70.000 Euro. Die Käufer nehmen sich ihr Bild unter den Arm, und wir hängen schon das nächste auf. Wir belohnen aber auch Leute, die Werke für 3000 bis 4000 Euro gekauft haben, indem wir sie zur Preview einladen und ihnen das Gefühl geben, zur Familie zu gehören. Wir bemühen uns sehr um die Besucher, machen Künstlergespräche haben Sonntagsmatineen und immer am langen Donnerstag Donnerhall-Veranstaltungen.
Wer wird Ihr Nachfolger?
KORTLÄNDER Emmanuel Mir. Er hat eine künstlerische Ausbildung, arbeitete in Hombroich und für das Landesbüro NRW und ist gut vernetzt. Ich bin ziemlich sicher, dass er den Weg, Ausstellungen von Künstlern für Künstler zu bieten, gut fortsetzt. Ich bekam eine Aufwandsentschädigung, Mir erhält als Ausstellungsleiter ein Honorar, von dem er aber nicht leben kann.
Ihre Botschaft zum Schluss?
KORTLÄNDER Ich appelliere an die Künstler, sich früh zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen, denn nur dadurch wird man getragen. Alle großen Bewegungen seit „Brücke“und „Junges Rheinland“stammten von Künstlern, die sich zusammentaten. Auf der Akademie wird das Einzelkämpfertum gepredigt. Das ist ein Irrweg und führt zu einer reduzierten Kunst. Ich appelliere aber auch an den Kunstpalast, noch mehr zu einem Künstlerpalast und künstlerischen Impulsgeber zu werden. Schließlich waren es Künstler, die ihn 1902 bauten. Wir haben jedenfalls die Besucherzahlen der „Großen“immens gesteigert, von 4000 in meinen Anfängen auf 15.000 in der Gegenwart. HELGA MEISTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.