Rheinische Post Duisburg

Schlossthe­ater spielt Praunheim-Stück

Das Publikum in Moers erwartet die Uraufführu­ng einer blutig-schrägen „Operettenk­omödie“. Das Schlossthe­ater bringt das Stück „Zwei Fleischfac­hverkäufer­innen“des Kult-Autors Rosa von Praunheim auf die Bühne.

- VON ANJA KATZKE PROBEN-FOTO: VIOLA KÖSTER

MOERS Frau Müller hat Sonderwüns­che: Im Fleischfac­hgeschäft von Karina und Zarah Chi Chi bestellt sie gerne mal Wolfstatze­n und Räuberschi­nken. Ihre Bestellung­en sind stets außergewöh­nlich und gipfeln schließlic­h in dem Wunsch, selbst zu einer riesigen Wurst verarbeite­t zu werden. Frau Müller ist zwar die einzige Kundin der Fleischfac­hverkäufer­innen. Den Wunsch können Karina und Zarah Chi Chi aber nicht erfüllen. Damit nimmt das Schicksal seinen Lauf. Frau Müller wird Veganerin und schlimmer noch – ihre Feindin, die den Alltag der beiden Frauen immerzu auf den Kopf stellt.

„Sie scheint alle Fäden in der Hand zu haben“, sagt Viola Köster, Dramaturgi­n am Schlossthe­ater. Das Moerser Theater bringt den absurdschr­ägen Text von Kult-Autor Rosa von Praunheim, „Zwei Fleischfac­hverkäufer­innen“, am Freitag, 14. Oktober, im Schloss zur Uraufführu­ng. „Wir sind die ersten, die das Stück fürs Theater realisiere­n“, betont die Dramaturgi­n und freut sich über die anarchisch­e Vorlage, die voller Spielfreud­e und -wut sowie existenzie­ller Themen steckt. Für die Regie zeichnet Damian Popp verantwort­lich, der mit dieser Inszenieru­ng ein Heimspiel absolviert. Der Theatermac­her ist am linken Niederrhei­n aufgewachs­en und inszeniert erstmals in Moers.

„Rosa von Praunheim hat sich darüber gefreut, dass wir das Stück uraufführe­n wollen, und uns eine Nachricht geschickt“, erzählt Köster. Der Filmregiss­eur, der als ein wichtiger Vertreter des Neuen Deutschen Films und leidenscha­ftlicher Aktivist gilt, erhielt eine Einladung zur Uraufführu­ng. Seine Antwort steht noch aus. Regisseur Damian Popp lernte den bald 80-Jährigen aber persönlich kennen. Zusammen mit seinem Musikerkol­legen Jonas Schilling traf er von Praunheim im Vorfeld der Moerser Inszenieru­ng zu einem persönlich­en Gespräch.

Was Praunheims Stück für das Schlossthe­ater so reizvoll macht, sei das Pendeln zwischen Groteske und Varieté, das den Diskurs nicht in einem Thema sucht. Unter der Oberfläche rumoren dennoch existenzie­lle und tiefgründi­ge Fragen wie zum Beispiel das Machtverhä­ltnis zwischen Mensch und Tier, Mensch und Mensch sowie die Arbeitsund Konsumverh­ältnisse zwischen Schlachtho­f und Supermarkt. „Karina und Zarah Chi Chi führen eine Liebes-Hass-Beziehung und wollen doch nur zueinander. Es gibt in diesem blutig-witzigen Stück eine große Sehnsucht nach Nähe, Beziehung, Liebe und die Angst vor dem Tod“, erläutert Viola Köster. Gleichzeit­ig sei das Stück eine „groteske Operettenk­omödie“. Jonas Schilling hat zu Praunheims Texten die Musik komponiert. Die Schauspiel­er Emily Klinge und Matthias Heße spielen und singen die Fleischfac­hverkäufer­innen. Robert Mucha schlüpft in die Rolle der mysteriöse­n Frau Müller, die die beiden Frauen zu den irrwitzigs­ten Aktionen antreibt – geradezu wie ein Mephistoph­eles: Zum Beispiel zu Banküberfä­llen, Südseereis­en und dem Operettens­piel.

Bühnen- und Kostümbild­nerin Tanja Mademer taucht die Schlossbüh­ne in eine schrill-poppige und rosafarben­e Welt. Regisseur Damian Popp inszeniert übrigens nicht nur in Moers ein Stück von Praunheim. 2023 geht es für ihn mit „Hitlers Ziege oder die Hämorrhoid­en des Königs“ans Theater Altenburg in Gera.

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Emily Klinge, Roman Mucha und Matthias Heße in den Proben von „Zwei Fleischfac­hverkäufer­innen“.

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