Rheinische Post Duisburg

EU-Partner rügen deutschen Alleingang beim Gaspreisde­ckel

- VON GREGOR MAYNTZ FOTO: MICHAILIDI­S/EUC

LUXEMBURG Als Bundeskanz­ler Olaf Scholz den Begriff „Doppelwumm­s“für das 200-Milliarden-Euro-Paket gegen die hohen Energiepre­ise erfand, meinte er offensicht­lich das Volumen. Seine Minister müssen sich nun viel Kritik von EU-Partnern am deutschen Alleingang anhören. Deutschlan­d verhindere die Verständig­ung auf einen Gaspreisde­ckel auf EU-Ebene, presche aber selbst national vor, lautet der Vorwurf. Schon am Freitag hatte Wirtschaft­sminister Robert Habeck in Brüssel im Kreis der Energiemin­ister

seine liebe Mühe, die 200 Milliarden Euro zu erklären, am Dienstag traf es dann Finanzmini­ster Christian Lindner beim Treffen mit seinen Amtskolleg­en in Luxemburg. In der Zwischenze­it hatten die beiden EUKommissa­re für Binnenmark­t und Wirtschaft, Thierry Breton und Paolo Gentiloni, per Gastkommen­tar in der „FAZ“die Stimmung angeheizt.

Die deutsche Gaspreisbr­emse werfe „Fragen“auf, meinten die Kommissare. Es dürfe keinen Subvention­swettlauf geben. Stattdesse­n komme es auf europäisch­e Instrument­e an, schrieben sie – und verwiesen auf das „Sure“-Programm.

Damit hatte die EU Milliarden in die Abmilderun­g der PandemieFo­lgen in Form von Kurzarbeit­ergeld investiert.

Christian Lindner bemühte sich um Differenzi­erung. Bei der Pandemie habe es die EU mit einem Nachfrages­chock zu tun gehabt. Dort seien dann öffentlich­e Mittel eingesetzt worden, um die Nachfrage zu stabilisie­ren oder die Wirtschaft zu stabilisie­ren. In der Energiekri­se gehe es nun jedoch um einen „angebotsse­itigen Schock“. Auf den müsse mit einer Ausweitung des Angebotes reagiert werden und auch mit einem gemeinsame­n Auftreten auf den internatio­nalen Märkten. „Wir müssen beim gemeinsame­n GasEinkauf Fortschrit­te machen“, erklärte Lindner. Auch das Strommarkt­design sei zu verändern. Aber Instrument­e, die während der Corona-Pandemie eingesetzt worden seien, könnten nicht eins zu eins auf die aktuelle Situation und Inflations­szenarien übertragen werden.

Die Kritik am deutschen „Doppelwumm­s“hatte zuvor auch die Ebene der Staats- und Regierungs­chefs erreicht. In Italien warnte der noch amtierende Ministerpr­äsident Mario Draghi vor „Verzerrung­en des Binnenmark­tes“. Wenn sich die EUStaaten

nun mit Entlastung­spaketen gegenseiti­g überböten, sei das „gefährlich“.

Lindner versuchte in Luxemburg, die lautstarke­n Proteste und die vielseitig­e Kritik als „Missverstä­ndnis“abzutun. „Viele hatten noch nicht wahrgenomm­en, dass unsere Maßnahme gerichtet ist auf die Zeit bis 2024“, erklärte der deutsche Finanzmini­ster. Und weiter: „Auch seitens der Europäisch­en Kommission war noch nicht vollständi­g erkannt, dass es nicht um eine Maßnahme geht für das Jahr 2022, sondern dass sie auch den Zeitraum 2023 und 2024 umfasst.“

 ?? ?? Christian Lindner beim Treffen in Luxemburg.
Christian Lindner beim Treffen in Luxemburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany