Im Blindflug in den dritten Corona-Winter
Deutschland geht in seinen dritten CoronaWinter. Gut vorbereitet ist das Land nicht. Nun kann man es machen wie US-Präsident Joe Biden und die Pandemie für beendet erklären. Doch so einfach ist es nicht: Noch immer sterben wöchentliche Hunderte an oder mit Corona. Der krankheits- oder isolationsbedingte Ausfall von Arbeitskräften führt überall zu Problemen – bei der Bahn, im Flugverkehr, in Kliniken, im Handel, in Schulen. Auch wenn Corona den Schrecken von 2020 verloren hat, hat das Virus das Land im Griff. Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Ständige Impfkommission (Stiko) lassen die Bürger allein. Anstatt konsistent zu kommunizieren, verwirren sie selbst impf-aufgeschlossene Menschen mit widersprüchlichen, eigenmächtigen, halbgaren Aussagen.
Die Stiko lässt sich zu viel Zeit. Der an Omikron angepasste Impfstoff ist bereits in den Praxen, nun wollen sich die Experten endlich äußern. Und vermutlich werden viele Gruppen – wie über 60-Jährige mit vier und unter 60-Jährige mit drei Impfungen – keine klare Empfehlung für einen weiteren Booster erhalten. Vor allem aber wird Lauterbach zu einem Problem: Zutiefst überzeugt, der beste Corona-Kenner zu sein, setzt er sich über Stiko-Empfehlungen hinweg und rät allen Erwachsenen zur vierten Dosis. Der Streit, den er sich mit der FDP zur Maskenpflicht lieferte, befeuerte die absurde Idee, man sollte sich alle drei Monate impfen lassen. Sein übergriffiges Werben für das Corona-Mittel Paxlovid erweckt den Eindruck, dass es ihm nicht um die Bürger, sondern um die Leerung seiner Arzneilager geht. Das Ergebnis ist eine zutiefst verunsicherte Bevölkerung, die ihrer Regierung misstraut und kaum bereit sein wird, mögliche neue Beschränkungen zu akzeptieren. Statt die Pandemie wie angekündigt zu beenden, legt Lauterbach die Basis für einen neuen Krisen-Winter. Enttäuschend.