Rheinische Post Duisburg

Ausgleiche­nde Monarchie

- VON JOCHEN WITTMANN

Zwar starb Queen Elizabeth II. schon am 8. September, womit ihr Sohn Charles automatisc­h zum König wurde. Aber erst am Montag ging mit ihrer Beisetzung die Ära, die man elisabetha­nisch nennt, tatsächlic­h zu Ende. Eine zehntägige offizielle Volkstraue­r schuf eine Art Zwischenze­it – ein Innehalten, in dem das politische Leben völlig brachlag und die Sorgen von gestern nicht mehr zählten.

In dieser Zwischenze­it schien es für die Briten nur ihre Trauer zu geben, und die drängenden Probleme schienen vergessen: Kein Krieg in Europa war Thema, keine Krise im Land. Jetzt, nachdem die Trauerzeit vorbei ist, werden sich die Probleme nicht mehr ignorieren lassen, und die neue, gerade zwei Wochen junge Regierung muss schleunigs­t Antworten präsentier­en, wie sie ihnen begegnen will.

Der neue König hat sich gut eingeführt. Charles III. hat keinen Schritt falsch gesetzt und in seinen Ansprachen den richtigen Ton getroffen. Aber wichtiger als seine persönlich­e Popularitä­t, und das haben die vergangene­n Tage deutlich gezeigt, ist die Solidität der Institutio­n: Die konstituti­onelle Monarchie britischer Prägung erfreut sich einer robusten Gesundheit, weil der eigentlich­e Souverän, das Volk, sie behalten will. Das demonstrie­rten etwa die Bilder dieser Trauerzeit, die Menschenma­ssen in London oder die Umfragen, die zeigen, dass gerade einmal ein Fünftel der Briten die Monarchie abschaffen will.

Die Monarchie leistet für Großbritan­nien einen vitalen Dienst. Nicht nur funktionie­rt sie als einende Klammer, die ein Staatsgebi­lde von vier Nationen zusammenhä­lt. Sie wirkt ausgleiche­nd und stabilisie­rend. In Zeiten der Globalisie­rung und erodierend­er nationaler Souveränit­ät ist das den Menschen wichtiger denn je. Es ist nicht zuletzt dieser Staatsform zu verdanken, dass in Großbritan­nien radikale Strömungen noch nie eine politische Zukunft hatten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany