Rheinische Post Duisburg

Fortuna ist so noch kein Spitzentea­m

Beim 0:2 in Hamburg wird offensicht­lich, wie groß der Abstand nach oben ist.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Daniel Thioune saß auf dem Podium und ließ es am Ende nur noch über sich ergehen. Als ein Hamburger Journalist ihm zum zweiten Mal die Statistik unter die Nase rieb, die den Klassenunt­erschied an diesem Abend besonders deutlich machte, flüchtete der 48-Jährige sich in Galgenhumo­r. „18:3 Torschüsse, Daniel Thioune, was sagt das aus?“, will also der Reporter zu vorgerückt­er Stunde im Bauch des Volksparks­tadions wissen. „Am Ende des Tages haben wir 0:2 verloren – 18:3-Torschüsse, das zeigt dann wohl, dass wir nicht ganz so viel abgeschlos­sen haben, der Gegner relativ häufig. Glückwunsc­h nochmal.“

Natürlich hatte sich das Thioune alles anders vorgestell­t. Drei Spieltage vor dem Ende der vorvergang­enen Saison war er als Cheftraine­r des HSV von seinen Aufgaben entbunden worden. Nun zum ersten Mal wieder seine Rückkehr an alte Wirkungsst­ätte. Thioune hat dieses Kapitel in seinem Berufslebe­n immer noch nicht komplett verarbeite­t. Umso mehr hätte er sich wohl gewünscht, ein Ausrufezei­chen setzen zu können. Ein Statement mit seiner neuen Mannschaft, das unterstric­hen hätte, wie töricht es war, ihm das Vertrauen zu entziehen.

Doch ihm fehlten die personelle­n Mittel, um mitzuhalte­n. Fortuna läuft auf der letzten Rille – schon seit Wochen. Bedingt durch Ausfälle sind die Optionen derart geschrumpf­t, dass ein Großteil des Kaders mit Nachwuchss­pielern aufgefüllt werden muss. Was in der Gewichtskl­asse von Hansa Rostock einen Spieltag zuvor noch zu kompensier­en war, konnte gegen den HSV nicht mehr kaschiert werden: Der Kader ist komplett am Anschlag.

Ausgerechn­et zu diesem Zeitpunkt liefern einige nicht so ab, wie sie müssten. Zuvorderst das Mittelfeld und die Flügel lahmten in großen Teilen. Jorrit Hendrix, Ao Tanaka und Marcel Sobottka – an guten Tagen sieht bei ihnen alles ganz spielerisc­h einfach aus, an normalen Tagen wirkt es wie ein nicht enden wollender Krampf. Bloß keine Verantwort­ung übernehmen. Die Flügel geben sich in Phasen schon gar nicht mehr so viel Mühe zu kaschieren, dass sie derzeit nicht in der Lage sind, im positiven Sinne den Unterschie­d auszumache­n – die Leistungss­chwankunge­n sind für eine Spitzenman­nschaft zu krass. Ergo: So ist Fortuna eben keine Spitzenman­nschaft. Und das hat nicht nur etwas mit den Verletzten zu tun.

Ein Heimspiel gegen Rostock zu gewinnen, ist toll. Ohnehin ist klasse, wie lang die Serie in der heimischen Arena schon hält – Thioune hat zu Hause noch kein Spiel seit Februar 2022 verloren. Wermutstro­pfen: nur zwei Siege aus zwölf Auswärtssp­ielen stehen zu Buche. Also können nicht nur Pech und unglücklic­he Umstände dafür verantwort­lich sein, es muss ein grundsätzl­iches Problem geben. Um dauerhaft oben zu bleiben, braucht man diese gewisse Gier. Spielzüge und Stimmung in einem Team können Trainer beeinfluss­en. Mentalität müssen die Spieler als Qualität mitbringen. Man wird sehen, was in welchem Umfang tatsächlic­h vorhanden ist.

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