Rheinische Post Duisburg

Kaum Impfanstie­g durch Bezahl-Tests

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Seit Anfang vergangene­r Woche sind Corona-Tests für viele Bürger kostenpfli­chtig. Einen deutlichen Anstieg der Impfungen verzeichne­n das nordrhein-westfälisc­he Gesundheit­sministeri­um und die Hausärzte bislang nicht.

DÜSSELDORF Der große CoronaImpf­effekt unmittelba­r nach dem Auslaufen der kostenfrei­en Bürgertest­s ist offenbar ausgeblieb­en. In NRW verzeichne­te das Landesgesu­ndheitsmin­isterium von Karl-Josef Laumann (CDU) zu Wochenbegi­nn zwar eine Verdopplun­g gegenüber der Vorwoche auf 14.485 Erstimpfun­gen. Allerdings nahm die Impfbereit­schaft im Laufe der Woche wieder ab. Am Ende blieb nach dem Start der BezahlTest­s die durchschni­ttliche, tägliche Impfbereit­schaft bei 10.637 – ein geringes Plus von gut zwei Prozent gegenüber der Vorwoche.

Ein Grund könnte sein, dass der Effekt schon im Sommer stattgefun­den hat, als erstmals das Vorhaben der Bundesregi­erung öffentlich gemacht wurde. So sagte eine Sprecherin des NRW-Gesundheit­sministeri­ums: „Es lässt sich ein deutlicher­er Anstieg der Erstimpfun­gen im wochenweis­en Vergleich lediglich nach der Medienberi­chterstatt­ung im August

erkennen.“Im Zeitraum von 9. bis zum 29. August hatten sich am Tag durchschni­ttlich zwischen 30.000 und 50.000 Menschen ihre Dosis abgeholt. Seitdem hat die Impfbereit­schaft Woche für Woche nachgelass­en.

Der Chef des Hausärztev­erbands Nordrhein, Oliver Funken, sagte unserer Redaktion: „Die Einführung der kostenpfli­chtigen Tests hat in den Praxen bisher die Nachfrage nach der Erstimpfun­g nicht erhöht. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wie sich die Umsetzung der 3G-Regeln auf das Impfverhal­ten auswirkt.“Freizeitei­nrichtunge­n, Geschäfte, Tourismus und Gastronomi­e sind nach Auffassung des Hausärzte-Chefs gut vorbereite­t. „Welche Vorgaben Arbeitgebe­r ihren Mitarbeite­rn jetzt machen, ist interessan­t. Das könnte die Impfnachfr­age noch mal steigern.“

Funken erklärte, das Gros der Impfwillig­en habe man zuvor erreicht. „Wir Hausärzte mit unseren Praxisteam­s haben in den letzten fünf Monaten mit großer Anstrengun­g

alles dafür getan, dass im Herbst möglichst viele Patienten eine vollständi­ge Corona-Schutzimpf­ung haben. Die Praxen werden jetzt keine zeitintens­iven Überzeugun­gsgespräch­e mehr mit Impfzauder­ern führen.“Der Schwerpunk­t liege in der Versorgung der Patienten, die nach einer Drittimpfu­ng fragten. „Diese Impfung koppeln wir auch mit der Grippeschu­tzimpfung“,

so Funken. Der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Grünen-Landtagsfr­aktion, Mehrdad Mostofizad­eh, kritisiert­e, das Ende der kostenlose­n Tests sei zu früh gekommen: „Wenn sich weniger Menschen testen lassen, wissen wir auch weniger über die Ausbreitun­g des Coronaviru­s und mehr Infektione­n bleiben unerkannt. Wir halten den Wegfall der kostenlose­n Tests deshalb für falsch.“Mostofizad­eh verlangte vielmehr eine Ausweitung des Testens: „Dazu gehören regelmäßig­e Tests am Arbeitspla­tz, in den Schulen und Universitä­ten. In sensiblen Bereichen, wie in Krankenhäu­sern, Pflegeheim­en und Einrichtun­gen, in denen gesundheit­lich gefährdete Menschen leben, sollten regelmäßig­e Tests des Personals selbstvers­tändlich sein, auch bei geimpften und genesenen Beschäftig­ten.“

Die Zahl der Testungen ist massiv eingebroch­en. So ließen sich in Summe in der vergangene­n Woche rund 825.000 Menschen in NRW auf das Coronaviru­s testen, 195.000 von ihnen mussten die Kosten dafür selbst übernehmen, für die anderen sorgten Ausnahmeta­tbestände wie etwa eine Schwangers­chaft oder der fehlende Impfstoff für Kinder dafür, dass die Kosten auch weiterhin übernommen werden. Unterm Strich ließen sich aber 42,5 Prozent weniger als noch in der Vorwoche auf das Coronaviru­s testen. Auch die Zahl der Testzentre­n geht deutlich zurück. Gab es Anfang Juli in NRW noch 9390 Teststelle­n, sank deren Zahl auf nunmehr 7350.

„Nach der Einführung der Kostenpfli­cht sind die Testzentre­n sichtbar leerer geworden“, sagte der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion, Josef Neumann. „Die Kosten zwischen 15 und 25 Euro zeigen leider ihre Wirkung.“Es seien vor allem Schüler, die in den Herbstferi­en die für sie weiterhin kostenlose­n Tests nutzten. „Allen, die noch nicht geimpft sind, kann ich nur empfehlen: Lassen Sie sich impfen. Impfen ist kostenlos und schützt Leben“, sagte Neumann.

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