Unvergessene Sahnebonbons
Kanold Bonbons gehören zur Stadtgeschichte. Heute behauptet sich die Duisburger Bonbonfabrik Wilhelm Müller erfolgreich am Markt.
„Ich kann mich gut an den Geschmack der Kanold Sahnebonbons erinnern“, schmunzelt Bea Erlemann (69). Ein wenig Nostalgie kommt dabei auf, verklärt durch Kindheitserinnerung der Wirtschaftswunderjahre. Neben Emailleschildern und Blechdosen der Firma Kanold, die bei Ebay zu Höchstpreisen von 650 Euro angeboten werden, führt die Spurensuche zur Facebook Seite von Bernhard Wohlgemuth, Sohn des Gründers. Als weitere Verortung des verschwundenen Unternehmens dient die Kanoldstraße, die von der Johanniterstraße abzweigt. Das ehemalige Fabrikgelände ist heute ein attraktives Wohngebiet am Böningerpark.
1914 wurde die Firma Kanold in Berlin gegründet, verlegte nach dem Krieg ihren Sitz erst nach Essen und ab 1939 nach Duisburg. Die Produktion wurde ausgeweitet und der Flächenbedarf nahm allmählich zu. Für eine Erweiterung des Fabrikgeländes wollte die Stadt Duisburg aber keine Genehmigung erteilen, da dort Wohnungen entstehen sollten. Bernhard Wohlgemuth, Sohn des Gründers und Firmenchefs verkaufte daher das Areal an die Stadt Duisburg und machte sich daran, komplett nach Hilden zu ziehen. Marktveränderungen führten der Betrieb 1986 in den Konkurs. 1987 wurde Kanold an die niederländische Süßwarengruppe van Helle verkauft.
Einst gab es drei Bonbonfabriken in Duisburg. Nur die 1949 gegründete Firma Wilhelm Müller konnte sich erfolgreich am Markt behaupten. Wilhelm Müller hatte seine Sporen bei der Firma Kanold verdient und dann den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Geschäftsführer des Familienunternehmens mit 46 Beschäftigten ist heute Heinz-Peter
Sistenich. Der Qualitätsanspruch der Firma Wilhelm Müller ist hoch; es werden nur natürliche Kräuterextrakte verwendet. Das Menthol kauft man in China, das Anisöl in Spanien. Zum Färben der Süßwaren in Friemersheim verwendet man nur Naturprodukte
– rote Beete und das Grün vom Spinat.
Die Verkaufspalette ist beeindruckend. Der Wilhelm Müller Marktstand auf der Königstraße wird insbesondere von Liebhabern von Kräuterbonbons geschätzt. Ob mit oder ohne Kratzen im Hals, der Kunde greift gerne zu und die Kräuter zeigen Wirkung – man fühlt sich gleich viel besser.
Der Konflikt, ob der Verkauf des „Heilmittels“nur in Apotheken erfolgen dürfte, entzündete sich bereits
im Jahr 1841. Auslöser war die Herstellung und der Vertrieb der „Stollwerck’sche Brustbonbons“. Apotheker wollten sich die alleinigen Rechte an dem Verkauf sichern. Nach jahrelangem Rechtsstreit wurde ihnen das aber verwehrt und fortan war es auch dem Handel und Gewerbe gestattet, Bonbons, Karamellen und vergleichbare Produkte zu verkaufen. Was viele nicht wissen: Der Verkauf von Kräuterbonbons auf Wochenmärkten war noch vor 50 Jahren verboten. Erst ein Gutachten aus dem Jahr 1971 stellte fest, dass Kräuterbonbons als Lebensmittel gelten.
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