Wirt: Demo ist „absoluter Quatsch“
Die Initiative „Querdenken“hat zu einem „Solidaritätsmarsch“für die Gastronomie aufgerufen und fordert eine sofortige Wiedereröffung der Betriebe. Gastronomen aus der Grafschaft distanzieren sich davon.
MOERS Claudius Albustin ist Wirt des Moerser Szenelokals „Die Röhre“. Es geht ihm wie vielen Kollegen: Er sehnt sich nach einem Ende des Lockdowns. Aber dass die „Querdenken“-Initiative sich zum Hüter seiner Interessen machen will, lehnt er strikt ab. „Ich will von denen nicht unterstützt werden. Das ist nur ein blöder Vorwand, um zu demonstrieren“, sagt er.
Am Freitagabend wollen die selbst ernannten Querdenker in Moers wieder auf die Straße gehen. „Stoppt die Corona-Schikanen gegen die Niederrhein-Gastronomie“lautet das Motto der Demo. Gefordert werde „die sofortige Wiedereröffnung aller Gastronomie-Betriebe“, teilte die Initiative mit.
Gastronomen aus der Grafschaft haben sich auf Anfrage von der Demonstration distanziert. „Damit kann ich mich nicht identifizieren. Ich habe kein Interesse daran, dass die in meinem Namen sprechen“, sagte Claus Palm vom Restaurant „Palm im Samannshof“in Neukirchen-Vluyn. Und sein Kollege Tim Lellau („Little John’s“): „Ich finde: Lieber ein Lockdown, auch ein verschärfter, dann ist die Sache vorbei.“Wie andere Kollegen halten sich Palm und Lellau mit Abholund Lieferdiensten über Wasser. „Das läuft gut. Wir haben noch keine Leute in Kurzarbeit“, sagte Lellau. Er geht davon aus, erst Mitte Februar zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. „Es ist gut, wenn sich jemand für die Gastronomie einsetzt, aber bitte nicht bei Demos. Ich bin grundsätzlich dafür, zurzeit einen gewissen Abstand zu halten.“
Christian Hirschmann vom „Café Jedermann“in Moers sagte: „Wir hatten ein gutes Hygienekonzept, die Gäste fühlten sich sicher, das Feedback war gut. Aber deswegen stelle ich mich nicht auf die Seite der Querdenker. Für mich brauchen die nicht zu demonstrieren. Ich kann sehr gut für mich selbst sprechen.“Derzeit bietet das „Jedermann“ein „Gänse-Taxi“, das die frisch gebratenen Vögel auf Bestellung ausliefert. „Es ist nicht ganz das Geschäft, dass es sonst zu dieser Jahreszeit gibt, aber zusammen mit den Hilfen – wenn die endlich kommen – können wir uns ganz gut halten.“Sorgen macht sich Hirschmann
über den Anfang des nächsten Jahres. „Im Januar und Februar ist es immer ruhiger. Normalerweise arbeiten wir im November und Dezember für diese Zeit mit.“
Für Thomas Kolaric, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Nordrhein, ist es nicht neu, das politische Gruppierungen versuchen, Themen der Gastronomie zu kapern. „Das hatte schon die AfD beim Nichtraucherschutzgesetz versucht.“Kolaric betont: Sich für die Gastronomie und Hotellerie stark zu machen, sei Sache der Dehoga. „Aber nicht in Form einer Demo.“Jüngst hatte Kolaric in einer Pressemitteilung auf die Situation hingewiesen: „Die Branche steht am Abgrund, viele Betriebe werden diese erneuten Beschränkungen nicht überstehen. Rund 75 Prozent der Unternehmen sind wirtschaftlich in ihrer Existenz bedroht.“Dennoch, so sagt er: „Der Lockdown im November, mit dem finanziellen Ausgleich, das ist in unserem Sinn.“Was Dehoga dagegen wurmt, ist das neue Infektionsschutzgesetz. „Der Verband hält es, abgesehen von den massiven verfassungsrechtlichen Bedenken, für völlig inakzeptabel, dass die Bundesregierung sich das Recht vorbehält, Betriebe zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung
zu schließen, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich leisten zu müssen“, hieß es in der Pressemitteilung. Die Dehoga werde dagegen vorgehen – ohne „Hilfe“der selbsternannten Querdenker.
Auch Röhren-Wirt Christian Albustin findet nicht alles gut, was in Sachen Coronaschutz passiert. „Da herrscht zu oft das Prinzip ,Versuch und Irrtum‘.“Und er weiß: Vielen Kollegen geht es richtig dreckig. „Aber was sollen die Politiker machen? Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken. Diese blöde Pandemie muss ja überwunden werden. Was die Querdenker machen, ist absoluter Quatsch.“