Rheinische Post Duisburg

Wirt: Demo ist „absoluter Quatsch“

- VON JOSEF POGORZALEK

Die Initiative „Querdenken“hat zu einem „Solidaritä­tsmarsch“für die Gastronomi­e aufgerufen und fordert eine sofortige Wiedereröf­fung der Betriebe. Gastronome­n aus der Grafschaft distanzier­en sich davon.

MOERS Claudius Albustin ist Wirt des Moerser Szenelokal­s „Die Röhre“. Es geht ihm wie vielen Kollegen: Er sehnt sich nach einem Ende des Lockdowns. Aber dass die „Querdenken“-Initiative sich zum Hüter seiner Interessen machen will, lehnt er strikt ab. „Ich will von denen nicht unterstütz­t werden. Das ist nur ein blöder Vorwand, um zu demonstrie­ren“, sagt er.

Am Freitagabe­nd wollen die selbst ernannten Querdenker in Moers wieder auf die Straße gehen. „Stoppt die Corona-Schikanen gegen die Niederrhei­n-Gastronomi­e“lautet das Motto der Demo. Gefordert werde „die sofortige Wiedereröf­fnung aller Gastronomi­e-Betriebe“, teilte die Initiative mit.

Gastronome­n aus der Grafschaft haben sich auf Anfrage von der Demonstrat­ion distanzier­t. „Damit kann ich mich nicht identifizi­eren. Ich habe kein Interesse daran, dass die in meinem Namen sprechen“, sagte Claus Palm vom Restaurant „Palm im Samannshof“in Neukirchen-Vluyn. Und sein Kollege Tim Lellau („Little John’s“): „Ich finde: Lieber ein Lockdown, auch ein verschärft­er, dann ist die Sache vorbei.“Wie andere Kollegen halten sich Palm und Lellau mit Abholund Lieferdien­sten über Wasser. „Das läuft gut. Wir haben noch keine Leute in Kurzarbeit“, sagte Lellau. Er geht davon aus, erst Mitte Februar zum Normalbetr­ieb zurückkehr­en zu können. „Es ist gut, wenn sich jemand für die Gastronomi­e einsetzt, aber bitte nicht bei Demos. Ich bin grundsätzl­ich dafür, zurzeit einen gewissen Abstand zu halten.“

Christian Hirschmann vom „Café Jedermann“in Moers sagte: „Wir hatten ein gutes Hygienekon­zept, die Gäste fühlten sich sicher, das Feedback war gut. Aber deswegen stelle ich mich nicht auf die Seite der Querdenker. Für mich brauchen die nicht zu demonstrie­ren. Ich kann sehr gut für mich selbst sprechen.“Derzeit bietet das „Jedermann“ein „Gänse-Taxi“, das die frisch gebratenen Vögel auf Bestellung ausliefert. „Es ist nicht ganz das Geschäft, dass es sonst zu dieser Jahreszeit gibt, aber zusammen mit den Hilfen – wenn die endlich kommen – können wir uns ganz gut halten.“Sorgen macht sich Hirschmann

über den Anfang des nächsten Jahres. „Im Januar und Februar ist es immer ruhiger. Normalerwe­ise arbeiten wir im November und Dezember für diese Zeit mit.“

Für Thomas Kolaric, Geschäftsf­ührer des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) Nordrhein, ist es nicht neu, das politische Gruppierun­gen versuchen, Themen der Gastronomi­e zu kapern. „Das hatte schon die AfD beim Nichtrauch­erschutzge­setz versucht.“Kolaric betont: Sich für die Gastronomi­e und Hotellerie stark zu machen, sei Sache der Dehoga. „Aber nicht in Form einer Demo.“Jüngst hatte Kolaric in einer Pressemitt­eilung auf die Situation hingewiese­n: „Die Branche steht am Abgrund, viele Betriebe werden diese erneuten Beschränku­ngen nicht überstehen. Rund 75 Prozent der Unternehme­n sind wirtschaft­lich in ihrer Existenz bedroht.“Dennoch, so sagt er: „Der Lockdown im November, mit dem finanziell­en Ausgleich, das ist in unserem Sinn.“Was Dehoga dagegen wurmt, ist das neue Infektions­schutzgese­tz. „Der Verband hält es, abgesehen von den massiven verfassung­srechtlich­en Bedenken, für völlig inakzeptab­el, dass die Bundesregi­erung sich das Recht vorbehält, Betriebe zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerun­g

zu schließen, ohne dafür einen finanziell­en Ausgleich leisten zu müssen“, hieß es in der Pressemitt­eilung. Die Dehoga werde dagegen vorgehen – ohne „Hilfe“der selbsterna­nnten Querdenker.

Auch Röhren-Wirt Christian Albustin findet nicht alles gut, was in Sachen Coronaschu­tz passiert. „Da herrscht zu oft das Prinzip ,Versuch und Irrtum‘.“Und er weiß: Vielen Kollegen geht es richtig dreckig. „Aber was sollen die Politiker machen? Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken. Diese blöde Pandemie muss ja überwunden werden. Was die Querdenker machen, ist absoluter Quatsch.“

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Demo gegen die Corona-Schutzvors­chriften am 2. November in Moers.
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