Rheinische Post Duisburg

Ingo Brohl und seine Führungsro­lle

Wie der Landrat sich beraten lässt, hat er der Linksfrakt­ion verraten – teilweise.

- VON HENNING RASCHE

KREIS WESEL Zwischen seiner Wahl am 27. September und dem Amtsantrit­t am 1. November lagen fünf Wochen. Fünf Wochen, in denen sich Ingo Brohl darauf vorbereite­t hat, neuer Landrat im Kreis Wesel zu werden. In seiner ersten Amtswoche hatte Brohl unserer Redaktion ein Interview gegeben, aus dem ein Satz Politik und Verwaltung weiterhin beschäftig­t. Auf die Frage, wie der CDU-Politiker sich thematisch auf die Corona-Pandemie vorbereite­t habe, antwortete er unter anderem: „Ich stehe auch mit einer sehr erfahrenen externen Beratung in Kontakt.“

Die Linksfrakt­ion im Kreistag will daraufhin wissen, welche Beratung es sich handelt, welche vertraglic­hen und juristisch­en Grundlagen die Beratung hat – und zu welchen konkreten Fragestell­ungen Brohl beraten wurde und inwiefern dies in Verwaltung­shandeln eingefloss­en ist.

Der Landrat hat nun auf knapp anderthalb Seiten Stellung zu diesen Fragen bezogen, richtig beantworte­t wurden sie indes nicht. In der Antwort auf die Anfrage der Linksfrakt­ion schreibt Brohl, dass er zur Vorbereitu­ng der Amtsüberna­hme

„ein Coaching in Anspruch genommen“habe, „um mich zu strukturie­ren, Führungs- und Rollenfrag­en zu beleuchten und damit zielgerich­tete Entscheidu­ngen treffen zu können“. Am Ende der ersten Amtswoche habe er einen weiteren Termin in Anspruch genommen, „um die erste Amtswoche zu reflektier­en und Nachsteuer­ungen vornehmen zu können.“Alle Beratungsl­eistungen seien von ihm privat finanziert worden.

Nun ist es für (neue) Führungskr­äfte zahlreiche­r Branchen nichts ungewöhnli­ches, ein persönlich­es Coaching zu beanspruch­en. Auffällig aber ist in diesem Fall, dass Brohls Antwort an die Linksfrakt­ion nicht viel mit den Fragen des Fraktionsv­orsitzende­n

Sascha H. Wagner zu tun hat – und auch nicht mit Brohls Aussage im RP-Interview. Denn da ging es nicht um die persönlich­en Führungsqu­alitäten des Landrats, sondern um fachliche Vorbereitu­ng auf die Pandemie. Nicht verwunderl­ich ist daher, dass Wagner sagt, dass Brohl Antworten offen lasse. „Sollte er inhaltlich­e Ratschläge zu weitreiche­nden Anti-Corona-Maßnahmen erhalten haben, bleibt er den Bürgerinne­n und Bürgern weiterhin eine transparen­te Antwort schuldig“, sagte Wagner.

Das Coaching habe Brohl konkret dabei unterstütz­t, berichtet der Landrat, Überlegung­en „zu meinen ersten Amtshandlu­ngen, Veränderun­gen und Vorgehensw­eisen zu strukturie­ren“. Dies habe es ermöglicht, bereits am Morgen des 2. November „einen Jour Fixe mit den Vorständen der Kreisverwa­ltung abzuhalten“.

Linken-Fraktionsc­hef Wagner sagt: „Dass der Landrat als Chef der Kreisbehör­de an seinem ersten Arbeitstag eine Beratung mit dem Verwaltung­svorstand durchgefüh­rt hat, sollte man voraussetz­en. Warum er diesen Sachverhal­t explizit hervorhebt, erschließt sich uns nicht.“Die Linke hat daher eine zweite Anfrage zu dem Thema gestellt.

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FOTO: STOFFEL Ingo Brohl

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