Rheinische Post Duisburg

Der geplatzte Traum von Kanada und China

Nach dem Abitur zieht es viele Schüler in die große weite Welt. Doch die Pandemie zwingt Schulabgän­ger zum Umdenken. Zwei junge Duisburger erzählen von ihren Plänen und Alternativ­en.

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(MF) Die Corona-Pandemie hat bei einigen Duisburger­n die Auslandspl­äne nach dem Abitur durchkreuz­t. Zwei Abiturient­en berichten in Protokolle­n von ihren geänderten Plänen. Zuerst zu Wort kommt Julina Pletzinger, 18 Jahre alt. Sie wollte nach dem Abitur am Landferman­n-Gymnasium nach China:

„Ich wollte nach dem Abi nach China fliegen. Mich interessie­ren das Land, die Kultur und die Sprache schon seit ich klein bin. Deswegen bin ich ans Landferman­n-Gymnasium gegangen, weil die in Kooperatio­n mit dem Max-Planck-Gymnasium Chinesisch im Unterricht anbieten. Im vergangene­n Jahr war ich schon für zwei Wochen für einem Austausch in Quanzhou, einer Stadt mit zehn Millionen Einwohnern im Südosten. Das war richtig toll.

Ich habe quasi meine gesamte Schulzeit darauf ausgericht­et, nach dem Abi erst einmal nach China zu reisen. Darüber, welchen Beruf ich später ergreifen will, habe ich mir noch nie Gedanken gemacht – ich hatte drauf gewartet, dass ich die zündende Idee vielleicht während der Reise kriege.

Deswegen gab es auch erstmal keinen Plan B. Ich wollte verschiede­ne Dinge machen: Mit dem Rucksack von Hostel zu Hostel reisen, ein bisschen Sightseein­g, vielleicht etwas arbeiten oder Hilfsorgan­isationen unterstütz­en. Ich habe so wenig wie möglich geplant und wäre auch ohne einen festen Rückflug hingefloge­n.

Dass das nichts werden würde, wurde mir während des ersten Lockdowns klar – einen Flug hatte ich zum Glück noch nicht gebucht. Auch wenn die Zahlen in China derzeit niedrig sind, erscheint mir eine Fernreise momentan unverantwo­rtlich, zumal sie nur einen Vergnügung­scharakter

hat. Jetzt studiere ich Psychologi­e in Bamberg, ich bin Ende Oktober umgezogen. Die China-Reise läuft mir nicht weg, sicher kommt eine neue Möglichkei­t. Natürlich ist ein Traum zerplatzt, es fühlt sich aber nicht so an, weil sich auch neue Türen geöffnet haben. Der Traum besteht ja weiterhin und das Studium, auf das ich mich sehr freue, ist auch eine Art von Abenteuer.“

Seinen Traum von einer Kanada-Rundreise musste auch Matteo Urban (18) vom Steinbart-Gymnasium begraben:

„Mein Plan war es, zwischen Abitur und Studium eine Auszeit nehmen und mit meinem besten Freund durch Kanada zu reisen. Wir wollten einmal von Toronto im Osten nach Vancouver im Westen fahren und nebenbei etwas arbeiten. Anfang August sollte es losgehen, uns fehlte nur noch das Visum, aber das haben wir im Frühjahr schon nicht mehr bekommen.

Zunächst haben wir noch Hoffnung gehabt, die Organisati­on hat den geplanten Start aber immer weiter nach hinten verschoben oder die Option geboten, nach Neuseeland zu fliegen, da sind die Infektions­zahlen ja geringer. Das wollten wir aber nicht. Gott sei Dank haben wir eine Reiserückt­rittsversi­cherung abgeschlos­sen, denn wir haben die Flüge schon bezahlt.

Letztlich haben wir Glück gehabt, dass wir das Visum nicht beantragen konnten, denn dieses spezielle Arbeitsvis­um stellen die kanadische­n Behörden nur einmal im Leben aus – wer es bekommen hat, aber nicht reisen konnte, hat Pech gehabt. So könnten wir das irgendwann mal nachholen.

Ich glaube aber nicht, dass es dazu kommen wird. Wir haben das zwei Jahre lang geplant, seit der zehnten Klasse. Jetzt studieren wir beide. Natürlich läuft mir Kanada nicht weg, aber uns fehlt in den kommenden Jahren wahrschein­lich die Zeit, das gemeinsam zu machen. Wir lernen ja auch andere Leute kennen. Es hätte auch nicht den Charakter einer Auszeit wie nach dem Abi. Das ist für immer verloren, von daher bin ich sehr enttäuscht.

Ich studiere jetzt mehrsprach­ige Kommunikat­ion an der Technische­n Hochschule in Köln. Ich möchte Übersetzer werden, Italienisc­h ist meine Mutterspra­che und Spanisch hatte ich im Leistungsk­urs. Durch die Pandemie ist es aber sehr schwierig, eine Wohnung zu finden, weswegen ich erst mal zu Hause in Neudorf wohnen bleibe.“

 ?? FOTOS: PLETZINGER/URBAN ?? Julina Pletzinger hatte eine Reise nach China geplant. Schon einmal war die ehemalige Schülerin des Landferman­n-Gymnasiums für einen Austausch in Quanzhou. Matteo Urban (18/kleines Foto) wollte nach dem Abitur nach Kanada reisen.
FOTOS: PLETZINGER/URBAN Julina Pletzinger hatte eine Reise nach China geplant. Schon einmal war die ehemalige Schülerin des Landferman­n-Gymnasiums für einen Austausch in Quanzhou. Matteo Urban (18/kleines Foto) wollte nach dem Abitur nach Kanada reisen.

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