Rheinische Post Duisburg

Vom Baggersee zum Sportpark

Der Sportpark Wedau entstand vor 100 Jahren. Motor der Entwicklun­g war Krupp-Chef Friedrich Klönne. Ein Blick in die krisengesc­hüttelte Baugeschic­hte.

- VON HARALD KÜST

„Der Sportpark Wedau gehört zum „Hoheitsgeb­iet“Neudorfs“, verkünden bekennende Neudorfer stolz. Doch wie sah das heutige Gelände vor 100 Jahren aus? Wie war die Stimmung in der Stadtgesel­lschaft? Wie verlief die Baugeschic­hte? Vereinschr­oniken und die Sportpark-Autorin Christine Kämmerer liefern Antworten.

Ursprüngli­ch diente das Gelände der Firma Krupp für die Verfüllung der in der Stahlerzeu­gung anfallende­n Schlacke. Durch Baggerung von Kies und Sand waren bis 1910 drei Seen entstanden, die nach Alfred Krupps Ehefrau, Margarete und den beiden Töchtern Barbara und Berta benannt wurden. Nachdem die Wedau nicht weiter als Schlackenp­latz genutzt wurde, baggerte man die Seen weiter zur Baumateria­lgewinnung aus. Teile des Industrieg­eländes lockten immer wieder Badelustig­e an. Anfang 1910 erlaubte die Firma Krupp dem AmateurSch­wimm-Club das Schwimmen und Baden in den Wedauer Baggerseen. „Ein Privileg, das den anderen Duisburger­n bei Strafe verboten war, was viele „Übeltäter“dem ASCD als Mitglieder zuführte“, so steht es in der Chronik des Vereins. Die Idee, das Gelände für Freizeit- und Erholungsz­wecke zu nutzen, konnte von Seiten der Firma Krupp und der Stadt erst nach dem Ersten Weltkrieg aufgegriff­en werden. Motor des Vorhabens war Krupp-Chef Dr. Friedrich Klönne. Er sorgte dafür, dass Krupp 1919 große Teile seines Baggergelä­ndes der Stadt Duisburg als „Erholungsg­ebiet

für die Bevölkerun­g“zu einem symbolisch­en Pachtzins von 100 Mark pro Jahr überließ. Im Gegenzug verpflicht­ete sich die Stadt, Stadion, Sportschwi­mmanlage und Margareten­see fristgerec­ht fertigzust­ellen. Im Vertrag wurde bei Erfüllung der Bedingunge­n eine unentgeltl­iche Überlassun­g des Geländes an die Stadt in Aussicht gestellt.

Der Beginn der Bauarbeite­n Anfang 1920 bot einen Hoffnungss­chimmer im oft grauen Alltag der

Duisburger Bürger. Die traumatisc­he Niederlage des Ersten Weltkriege­s lag noch nicht lange zurück. Die Menschen suchten nach Orientieru­ng und viele kämpften mit wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten. Sport und Badevergnü­gen lenkten von den Alltagssor­gen ab. Aber gelegentli­ch schlugen damals wie heute einige über die Stränge. Polizeibea­mte mussten den Badebetrie­b beaufsicht­igen, um für Ordnung und Moral zu sorgen. Fehlende

Umkleiderä­ume führten zu Übergriffe­n. Die Duisburger Volkszeitu­ng schrieb im Juni 1921: „Der Duisburger Jugend drohen schwerste sittliche Schäden.“Von einem geregelten Bade- und Schwimmbet­rieb während der Bauphase konnte keine Rede sein. Teilweise liefen noch Baggerarbe­iten und die Fertigstel­lung des Schwimmsta­dions verzögerte sich. Das Großprojek­t wurde zudem von Reparation­szahlungen, Steuererhö­hungen und Inflation begleitet. Nachdem das Deutsche Reich mit den Reparation­szahlungen in Verzug geraten war, wurde Duisburg im Frühjahr 1921 von französisc­hen und belgischen Truppen besetzt. Baumateria­l war nur begrenzt verfügbar, da die Alliierten die Beschaffun­g kontrollie­rten. Mit dem Notstandsp­rogramm der Reichsregi­erung schaffte man immerhin subvention­ierte Arbeitsplä­tze. Doch finanziell­e Engpässe führten immer wieder dazu, dass die Baumaßnahm­en ins Stocken gerieten. Krupp-Chef Klönne sammelte 500.000 Mark, um den stagnieren­den Bau voranzutre­iben. Die Stadt bewilligte 1925 zusätzlich eine Million. Mark, um die Wettkampfa­rena und das Schwimmsta­dion fertigstel­len zu können. Dass der Einweihung­stermin nach sieben Jahren Bauzeit am 25. Juli 1926 angesichts der politische­n und wirtschaft­lichen Krisen eingehalte­n werden konnte, grenzt an ein Wunder. Anfang der 1930er Jahren wurde die Regattabah­n in Betrieb genommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die alten Anlagen (Stadion, Schwimmsta­dion, Regattabah­n) renoviert, ausgebaut oder komplett neu konzipiert. An der Stelle des ehemaligen Wedau-Stadions wurde 2003 und 2004 die heutige Schauinsla­nd-Reisen-Arena errichtet. Krisen und Finanzieru­ngsproblem­e ziehen sich wie ein roter Faden durch die letzten 100 Jahre. Doch die Geschichte spiegelt auch eine Zusammenar­beit von Wirtschaft und Politik wider, die die Dinge unkomplizi­ert anpackt und in relativ kurzer Zeit einen Neuanfang organisier­t. Man denke nur an die Studenten-Universiad­e von 1989 oder die 7. World Games 2005 (nichtolymp­ische Sportarten) in Duisburg. Für den Zusammenha­lt der Stadtgesel­lschaft hat der Sportpark eine unschätzba­re Bedeutung.

 ?? STADTARCHI­V
FOTOS: ?? Stadion Wedau, Hermann Hill,1928 , Schwimmsta­dion mit 10-Meter-Sprungturm, Wasserruts­chbahn Margareten­see,
STADTARCHI­V FOTOS: Stadion Wedau, Hermann Hill,1928 , Schwimmsta­dion mit 10-Meter-Sprungturm, Wasserruts­chbahn Margareten­see,

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