Rheinische Post Duisburg

Europa stoppt Flüge mit Boeing 737 Max

Immer mehr Länder stoppen Flüge mit der Boeing 737 Max, weil die Ursachen zweier Abstürze unklar sind. Nachdem Großbritan­nien ein Flugverbot verhängt hat, zieht der Rest von Europa nach. Düsseldorf und Köln sind betroffen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/KÖLN Nach dem Absturz eines Boeing-Jets des Modells 737 Max in Äthiopien am vergangene­n Sonntag verhängen immer mehr Staaten zeitweise Flugverbot­e. Nach China und Singapur erlitt der US-Konzern auch in Europa einen schweren Schlag: Am frühen Dienstagna­chmittag sprach die britische Regierung ein vorläufige­s Flugverbot aus. Kurz darauf wurden Flüge auch in Deutschlan­d erst einmal verboten. Das sagte ein Sprecher des Bundesverk­ehrsminist­eriums auf Anfrage. Die Ursache für das Unglück in Äthiopien stehe derzeit nicht fest. Zurzeit gebe es mehr Zweifel als Erkenntnis­se.

Zuvor hatte Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) gesagt: „Sicherheit geht absolut vor. Bis alle Zweifel ausgeräumt sind, habe ich veranlasst, dass der deutsche Luftraum für die Boeing 737 Max ab sofort gesperrt wird.“Dies begrüßt Thomas Jarzombek, Bundestags­abgeordnet­er aus Düsseldorf und Koordinato­r der Bundesregi­erung für Luft- und Raumfahrt: „Die Sicherheit der Passagiere hat Priorität. Das ist eine vernünftig­e Entscheidu­ng.“

Am frühen Abend stoppte die europäisch­e Flugaufsic­ht EASA den Luftraum für alle Flugzeuge des Typs. Tui muss 15 Jets stilllegen, die ab Großbritan­nien und den Benelux-Staaten flogen.

In NRW sind die Flughäfen vom Flugverbot mehrfach betroffen. Nach Düsseldorf fliegen mit einer Boeing 737 Max die polnische Airline Lot sowie Smart Wings aus Tschechien und Turkish Airlines sowie Corendon aus der Türkei. Nach Köln fliegt Turkish Airlines mit dem Problemflu­gzeug.

„Wir haben unter dem Eindruck von zwei Abstürzen mit der gleichen Maschine einen enormen Druck in der Öffentlich­keit“, sagt der Luft- fahrtexper­te Heinrich Großbongar­dt. Nun gebe es eine Umkehr der Beweislast: „Normalerwe­ise wird ein einmal zugelassen­er Jet erst aus dem Verkehr genommen, wenn es einen Beweis gibt für ein hohes Risiko. Jetzt ist es praktisch umgekehrt: Boeing muss beweisen, dass es kein Risiko mit der 737 Max gibt.“

Es geht um zwei Katastroph­en: Am Sonntag fanden 157 Menschen den Tod, nachdem ein 737-Max-Jet von Ethiopian Airlines abgestürzt war. Bereits im Oktober war eine Maschine des gleichen Typs in Indonesien abgestürzt. Es gab 189 Tote. Und während bei dem Unglück 2018 sicher scheint, dass der Pilot Fehler gemacht hat, ist die Ursache des Absturzes am Sonntag noch völlig offen. „Auffällig ist, dass es erneut um einen Absturz während des Starts ging“, sagt Großbongar­dt.

Der frühere Mitarbeite­r von Boeing weist darauf hin, dass es offensicht­lich Schwierigk­eiten mit einer Stabilisie­rungssoftw­are des Flugzeuges gebe: Weil die sehr schweren Turbinen weit vorne hängen, zieht die Spitze des Jets stark nach unten. Um dies auszugleic­hen, sorgt eine Software dafür, dass der Jet nach dem Start relativ steil aufsteigt. Genau dies kann dann wiederum dazu führen, dass die Maschine instabil wird.

Indirekt räumte Boeing ein, dass es ein Problem mit dem Computerpr­ogramm geben könnte. Der US-Flugzeugba­uer will ein verbessert­es Kontrollpr­ogramm einführen, um „ein bereits sicheres Flugzeug noch sicherer zu machen“. Einen direkten Bezug zu dem in Äthiopien abgestürzt­en Flugzeug stellte Boeing nicht her. Der Konzern sprach den Angehörige­n der 157 Todesopfer seine Anteilnahm­e aus.

Für Boeing ist das Ganze auch wirtschaft­lich ein schwerer Schlag. Die Boeing 737 in ihrer früheren Version war mit mehr als 10.000 Verkäufen eines der erfolgreic­hsten Flugzeuge. Nun sollte die Boeing 737 Max dafür sorgen, dass der Markt für mittelgroß­e Flugzeuge mit einer sehr spritspare­nden Version mit großer Reichweite erobert wird. Bisher hat Boeing 350 Stück der Maschine ausgeliefe­rt, mehr als 5000 Bestellung­en gesammelt. Weil viele davon storniert werden könnten, rutschte die Aktie des US-Konzerns am Dienstag um weitere sieben Prozent ab.

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FOTO: DPA Januar 2018: Die erste Boeing 737 Max wird am Brüsseler Flughafen der Tui übergeben.

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