Die neue starke Frau im Universum
„Captain Marvel“mit Brie Larson ist eine gelungene Variante des Superhelden-Epos.
(dpa) Einige selbst ernannte Filmkritiker brauchten „Captain Marvel“gar nicht erst anzuschauen, um dem neuesten Comic-Abenteuer aus dem Marvel-Universum ein schlechtes Zeugnis auszustellen. Beim Filmportal „Rotten Tomatoes“sollen so viele negative Kommentare über den Film und seine Hauptdarstellerin Brie Larson gepostet worden sein, dass die Herausgeber die Möglichkeit abstellten, Filme bereits vor ihrem Kinostart zu bewerten. Denn die Ursache für die heftige und zum Teil unsachliche Kritik war vermutlich Sexismus.
„Captain Marvel“ist das 21. Superhelden-Spektakel aus dem Marvel Cinematic Universe, zu dem unter anderem „Spider-Man“, „The Avengers“und die „Guardians Of The Galaxy“gehören. Und es ist der allererste Marvel-Film mit einer weiblichen Titelheldin. Oscar-Gewinnerin Brie Larson („Room“) spielt die Airforce-Pilotin Carol Danvers, die die Explosion eines futuristischen Antriebs überlebt, in Folge dessen unermessliche Superkräfte entwickelt und zu Captain Marvel wird.
Allerdings hat Danvers bei dem Vorfall zu Beginn der 90er Jahre ihr Gedächtnis verloren. Als Mitglied des außerirdischen Kree-Volkes, das die junge Frau aufgenommen hat, versucht sie, die wenigen Bruchstücke ihrer Erinnerung von der Erde zusammenzusetzen. Doch auch die mit den Kree verfeindeten Skrull sind an den Details ihrer Vergangenheit interessiert.
1995 kehrt Danvers auf die Erde zurück, wo sie gemeinsam mit dem noch jungen S.H.I.E.L.D.-Agenten Nick Fury (Samuel L. Jackson) versucht, die konfusen Zusammenhänge ihrer mysteriösen Vergangenheit zu ergründen. In Nebenrollen sind Jude Law als Danvers‘ Kree-Mitstreiter Yon-Rogg, Ben Mendelsohn als Skrull-Anführer Talos und Annette Bening als zwielichtige Supreme Intelligence zu sehen.
Starke Frauen sind im Marvel Cinematic Universe immer noch klar in der Unterzahl. Scarlett Johansson als Black Widow kommt einem als erstes in den Sinn, vielleicht Elizabeth Olsen als Scarlet Witch, Danai Gurira als Okoye und Evangeline Lilly als Wasp. Dass Disney und Marvel nun endlich die erste Titelheldin ins Rennen schicken, ist daher eine willkommene, ja überfällige Ergänzung.
Das Spektakel punktet mit seiner smarten Story, mit witzigen Dialogen und sehr originellem Humor, der die Technologie und Gepflogenheiten der 90er Jahre in einem neuen Licht erscheinen lässt. Gelungen ist auch der weiblich dominierte Soundtrack mit Instrumentalmusik der Komponistin Pinar Toprak und 90er-Jahre-Hits wie „Whatta Man“von Salt ‚N‘ Pepa feat. En Vogue oder „Just A Girl“von No Doubt, die ihre Wirkung nicht verfehlen.
Warner Bros und DC haben es 2017 mit „Wonder Woman“erfolgreich vorgemacht. Das Superhelden-Epos mit Gal Gadot in der Hauptrolle gefiel Kritikern und Zuschauern gleichermaßen und schlug an den Kinokassen ein. Ob das „Captain Marvel“und Brie Larson auch gelingt? Der unterhaltsame Film des US-Regie-Duos Anna Boden und Ryan Fleck, das bisher nur durch Indie-Filme wie „Mississippi Grind“auf sich aufmerksam machte, hätte es allemal verdient.
„Captain Marvel“, USA 2019 – Regie: Anna Boden, mit Brie Larson, Samuel L. Jackson, Jude Law, 124 Min.