„Auf den Boden, auf den Boden“
Die Polizei fahndet mit einem Großaufgebot nach den Tätern, die den Geldtransporter am Flughafen Köln/Bonn überfallen haben. Bereits vor einem Jahr wurde ein Fahrzeug desselben Unternehmens in Köln ausgeraubt.
KÖLN Um kurz nach neun Uhr fallen am Mittwochmorgen plötzlich Schüsse am Flughafen Köln/Bonn. Am unteren Terminal, an dem die Fernbusse halten, wird ein Geldtransporter von mindestens zwei maskierten und bewaffneten Personen überfallen. „Auf den Boden, auf den Boden“, ruft jemand. Einem Wachmann des Geldtransporters wird zweimal in den Oberschenkel geschossen. Er wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus eingewiesen und musste notoperiert werden. Zuvor hatten Polizisten am Tatort sein Bein abgebunden, um die Blutungen zu stoppen.
Ein Augenzeugenvideo, das unserer Redaktion vorliegt, zeigt, wie zwei Räuber direkt nach dem Überfall zwei dunkle Koffer in den Kofferraum eines grauen Audis packen und dann mit geöffneter Heckklappe vom Tatort wegrasen. In den Koffern wird die Beute vermutet, deren Höhe man noch nicht kennt. Der Fluchtwagen geht wenig später direkt neben der Autobahn 59 in Flammen auf. Eine dichte schwarze Rauchsäule steigt über dem Kölner Stadtteil Porz auf. Im ausgebrannten Auto finden die Ermittler eine Kalaschnikow. Die Polizei geht davon aus, dass die Täter das Fahrzeug selbst angezündet haben, um Spuren zu beseitigen. Ob sie in ein anderes Auto umgestiegen oder zu Fuß geflüchtet sind, ist noch nicht bekannt. Die Polizei fahndet derzeit nach zwei Tätern. Bis zum Abend fehlte von ihnen jede Spur. Flüge fielen wegen des Überfalls nicht aus.
Die Polizei geht davon aus, dass der Raubüberfall von langer Hand geplant worden ist. „Das war sehr professionell. „Die Tat ist aber noch frisch, und es müssen erst noch alle Spuren ausgewertet werden“, hieß es aus Ermittlerkreisen. Einer der beiden Täter sprach laut Polizei während des Überfalls hochdeutsch, der andere blieb stumm.
Der Raubüberfall weist Parallelen zu einem Überfall auf einen Geldtransporter auf einem Ikea-Park- platz in Köln im März 2018 auf. Damals wie heute flüchteten die Täter mit einem wartenden Fahrzeug, das später ausgebrannt aufgefunden wurde. Zudem handelt es sich in beiden Fällen um Geldtransportfahrzeuge derselben Firma, wie unsere Redaktion aus dem Umfeld des betroffenen Unternehmens erfahren hat. „Das können wir bestätigen“, sagte ein Sprecher der Kölner Polizei. Die Kölner Polizei kündigte an, sich den Fall aus dem vergangenen Jahr noch einmal genauer anzuschauen.
Aber auch einer Spur zur RAF wird nachgegangen. Denn der Überfall weist auch Ähnlichkeiten mit Fällen auf, die den sogenannten drei RAF-Rentnern Burkhard Garweg, Ernst-Volker Staub und Daniela Klette zugeschrieben werden. Nach dem Trio wird seit Jahren eu- ropaweit gefahndet. Das Landeskriminalamt Niedersachsen prüft im Zusammenhang mit dem Überfall in Köln jetzt eine mögliche Verbindung zu den drei RAF-Terroristen. „Unsere polizeilichen Ermittler aus der zuständigen Abteilung schauen sich das gerade an. Ein Ergebnis steht aber noch aus“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion. Ein solcher Zusammenhang werde aber routinemäßig bei allen Überfällen auf Geldtransporte überprüft, betonte sie.
Die drei Gesuchten sollen zu RAF-Zeiten an Anschlägen beteiligt gewesen sein. Nachdem jahrelang von ihnen nichts zu hören war, kamen Ermittler vor vier Jahren durch eine DNA-Spur auf ihre Fährte. Die DNA war bei einem gescheiterten Überfall auf einen Geldtransporter in Stuhr bei Bremen im Jahr 2015 si- chergestellt worden. Die Ermittler vermuten, dass die „RAF-Rentner“mit den Raubüberfällen ihr Leben im Untergrund finanzieren.
Trotz umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen werden Geldtransporte und deren Fahrer immer wieder überfallen und erpresst. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) gab es allein im Jahr 2017 76 solcher Fälle in Deutschland. „Die Aufklärungsquote lag bei 42 Prozent“, erklärte eine BKA-Sprecherin. Der Geldtransporter, der am Flughafen überfallen wurde, hat nach Informationen unserer Redaktion eine Videokamera an Bord gehabt, die den Außenbereich des Fahrzeugs überwacht und somit den Überfall aufgezeichnet haben müsste. „Wenn was drauf sein sollte, hat die Polizei das Material bekommen“, heißt es aus Unternehmenskreisen.