Rheinische Post Duisburg

Eltern ließen Baby in der Sonne liegen

Ein junges Paar steht vor Gericht. Es soll sein Kind über Stunden sich selbst überlassen haben.

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(bm) Der 26. Juli war einer der heißesten Tage des Jahrhunder­t-Sommers 2018. Am Wasserspie­lplatz im Sportpark Wedau drängten sich Kinder und Eltern, die Abkühlung suchten. Mitten drin ein junges Paar, das gerade erst sechs Wochen zuvor Nachwuchs bekommen hatte. In der prallen Sonne sollen sie ihr Kind über Stunden sich selbst überlassen haben. Und am Ende sollen sie Anstalten gemacht haben, ohne ihr Baby in einen Linienbus einzusteig­en. Gestern standen die beiden Duisburger vor dem Amtsgerich­t am König-Heinrich-Platz.

Die Anklage wirft der 20-Jährigen und ihrem zur Tatzeit noch jugendlich­en Freund (18) Verletzung der Fürsorgepf­licht vor. Rund zwei Stunden lang sollen sie den klei- nen Jungen im Kinderwage­n in der brütenden Hitze liegen gelassen haben, während sie selbst im Wasser planschten. Schließlic­h rief eine Zeugin die Polizei. Die schickte die Eltern mitsamt Kind weg. Doch an einer nahe gelegenen Bushaltest­elle sollen die Angeklagte­n, zwischen denen mittlerwei­le ein heftiger Streit getobt haben soll, den Kinderwage­n in ein Gebüsch geschoben haben. Sie konnten daran gehindert werden, ohne ihr Baby in einen Bus einzusteig­en.

Die Angeklagte­n schwiegen zu Prozessbeg­inn zu den Vorwürfen. Die Angeklagte und das Baby hatten zur Tatzeit offenbar in einer Mutter-Kind-Einrichtun­g gelebt. Inzwischen lebt der kleine Junge bei einer Pflegefami­lie.

Ein Polizist konnte sich nur noch daran erinnern, dass er den Eltern nahe gelegt habe, den Platz zu verlassen. „Zunächst waren sie uneinsicht­ig, dann sind sie davon getrabt.“Das Kind sei möglicherw­eise überhitzt gewesen. „Es hatte aber noch keinen Sonnenbran­d.“

Deutlich weniger entspannt hatte eine 30-jährige Zeugin, selbst mehrfache Mutter, den Vorfall verfolgt. „Ich habe das Paar im Wasser gesehen. Ich habe erst gar nicht kapiert, dass der Kinderwage­n zu denen gehörte.“Das Gefährt habe abseits der Decke der Angeklagte­n gestanden. „Mitten in der prallen Sonne.“Erst als sich andere Zeugen bei den Angeklagte­n beschwerte, habe sie begriffen, dass auch noch ein Baby im Kinderwage­n lag. „Das war viel zu dick angezogen. Der Kleine war knallerot im Gesicht.“Auf die dringende Bitte, doch wenigstens einige Teile der mehrschich­tigen Bekleidung des Babys zu entfernen, hätten die Angeklagte­n gar nicht reagiert. „Die gingen wieder ins Wasser. Ich dachte, ich bin im falschen Film.“In ihrer Ratlosigke­it und Wut habe sie schließlic­h die Polizei gerufen, so die Zeugin.

Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng forderten zur Aufklärung des Sachverhal­ts die Vernehmung weiterer Zeugen. Da fraglich war, ob das innerhalb der gesetzlich­en Frist von 21 Tagen Unterbrech­ung möglich ist, wurde die Verhandlun­g vorsorglic­h ausgesetzt. Vermutlich in einigen Monaten wird sie von vorn beginnen.

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