Der Bezirksbürgermeister sagt Ade
Kurz vor seinem 80. Geburtstag gibt Winfried Boeckhorst sein Amt in Rheinhausen ab. Er wünscht sich, dass der Strukturwandel im Duisburger Westen weiter voranschreitet.
RHEINHAUSEN Egal wie voll der Schreibtisch auch war, für eines blieb in den mehr als acht Jahren als Bezirksbürgermeister immer Platz: die blaue MSV-Tasse. Auch gestern ließ Winfried Boeckhorst das weiße Porzellan im Besprechungszimmer am Körnerplatz links liegen und schenkte sich den Kaffee in seinen Lieblingsbecher ein. Was den Vorteil hatte, dass er sich beim Gespräch an einem vertrauten Henkel festhalten konnte.
Denn diesmal fiel dem wortgewandten SPD-Politiker das Reden sichtlich schwer. „Ich beabsichtige, am 31. Januar 2018 mein Mandat als Bezirksvertreter zurückzugeben und damit auch das Amt des Bezirksbürgermeisters.“Winfried Boeckhorst beendet seine politische Laufbahn und wird bereits in zwei Wochen den großen braunen Schreibtisch in seinem Büro im zweiten Obergeschoss des Bezirksrathauses räumen. Da darf die Stimme ruhig ein bisschen emotional klingen.
„Das fällt mir wirklich schwer, weil ich hier auf dieser Etage eine wunderbare Art der Zusammenarbeit erlebt habe“, sagt er und blickt anerkennend zu Jürgen Konkol, dem Bezirksmanager, der neben ihm sitzt und mit dessen drei Vorgängern er auch schon gearbeitet hat. „Das ist wirklich ein tolles Arbeitsklima hier, das wird mir fehlen.“
Nein, der Abschied vom Amt kommt nicht wirklich überraschend. Denn er hat damit zu tun, dass Bezirksbürgermeister Boeckhorst am 28. Februar 80 Jahre alt wird. „Das ist etwas mehr als einfach nur eine Zahl. Irgendwann ist einfach der Zeitpunkt da, die Verantwortung in jüngere Hände zu ge- ben.“Für einen wie ihn wird das allerdings ein großer Einschnitt sein: „Ich habe in meinem Leben immer Verantwortung getragen, als Lehrer, als Schulleiter und in der Politik.“
Politisch war Winfried Boeckhorst eher ein Spätzünder. Als er 1980 in die SPD eintrat, da war der Sohn christlich konservativer Eltern schon 42. „Ich habe nie die Absicht gehabt, irgendein Mandat anzustreben. Ehrlich.“Nun, das ist ihm nicht ganz gelungen. 14 Jahre lang war der gebürtige Essener im Duisburger Stadtrat, davon fünf als Vorsitzender des Kulturausschusses, bevor es ihn 2009 in den Bezirk nach Rheinhausen zog, wo er seit 1970 mit seiner Frau und den ‘73 und ‘77 gebo- renen Kindern lebte. Warum eigentlich hier? Was zog den Essener über den großen Fluss nach Rheinhausen? Winfried Boeckhorst lacht bei der Erinnerung an diese Entscheidung. „Das hatte wirklich einen ganz einfachen Grund, wir waren frisch verheiratet und haben in Essen keine Wohnung gefunden.“Als seine Frau, die damals Kindergärtnerin war, eine Stellenanzeige aus Rheinhausen entdeckte, die nicht nur ein gutes Gehalt, sondern auch Hilfe bei der Wohnungssuche bot, da entschieden die Boeckhorsts, die Krupp-Stadt am linken Niederrhein einfach mal auszuprobieren.
Die Entscheidung war richtig. Rheinhausen ist ihm ans Herz ge- wachsen. Umso schwerer fällt es, die Geschicke nicht mehr mitbestimmen zu können. „Natürlich kenne ich die Probleme hier, aber ich sehe auch das Entwicklungspotenzial“, sagt er. Es tut sich was, es wird gebaut und investiert. „Ich wünsche mir für unseren Bezirk, dass der Strukturwandel weiter geht. Logport zum Beispiel ist eine feine Erfolgsgeschichte.“
Politisch hofft der scheidende Bürgermeister, dass die Bezirksvertreter mit noch mehr Selbstvertrauen für ihren Stadtteil kämpfen. Der Mann mit dem Kultur-Faible bedauert, dass Rheinhausen nach der Zentralisierung dieses Bereichs so wenig gestalterischer Spielraum bleibt. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier im Hause jemanden haben, der sich um die Kultur kümmert.“
Mitglied im Kulturausschuss wird Winfried Boeckhorst übrigens bleiben. Ansonsten wird er seinem Lebensmotto treu bleiben, dem philosophischen Leitsatz von Martin Buber: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“
Dieses Bewusstsein hat ihn stets durch Aufgaben und Verpflichtungen getragen. „Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, so viele beeindruckende Menschen kennenzulernen.“Wir wünschen ihm für die Zukunft noch viele bereichernde Begegnungen.