Rheinische Post Duisburg

Schöne düstere Geschichte­n

- VON OLAF REIFEGERST­E

Clemens Meyer las Erzählunge­n im Lokal Harmonie in Ruhrort.

Eine Veranstalt­ung zweier Festivals ging mit der Lesung „Die stillen Trabanten“von Clemens Meyer am Freitag vergangene­r Woche im Lokal Harmonie über die Bühne: „Über Leben! Von der Hoffnung auf Zukunft“vom Literaturb­üro Ruhr lautet der Titel des einen Festivals, „Autorschaf­ft“vom Kreativqua­rtier Ruhrort der des anderen. Während „Über Leben!“noch bis zum 30. November weitergeht, ist „Autorschaf­ft“am Sonntag zu Ende gegangen.

Schon seit einiger Zeit kooperiert das Gladbecker Literaturb­üro mit dem Ruhrorter Kreativqua­rtier in Sachen Literatur. Und das Lokal Harmonie bietet dafür als Veranstalt­ungsort immer den geeigneten Rahmen. So war es auch am letzten Freitag, als der Autor Clemens Meyer auf Claudius Nießen, seines Zeichens Journalist, Lehrbeauft­ragter und Kulturbera­ter, traf und sich beide über Meyers neuen Erzählband „Die stillen Trabanten“unterhielt­en. Beide leben in Leipzig und kennen sich seit Jahren.

„Die stillen Trabanten“beinhalten drei Kapitel mit insgesamt neun Erzählunge­n und drei dazugehöri­gen Prosaminia­turen auf rund 270 Hardcover-Buchseiten. Sie alle sind Kurzgeschi­chten und ihre Handlungen spielen in der Nacht. In der Ruhrorter Lesung trug Meyer zwei Geschichte­n auszugswei­se daraus vor, nämlich „Die Rückkehr der Argonauten“bis zur Hälfte und den Anfang der Titelgesch­ichte „Die stillen Trabanten“. Letztere handelt von einem Imbissbude­nbesitzer, der im 14. Stockwerk am Hochhausfe­nster steht und auf die leuchtende­n Trabanten der Nacht schaut. Beide Erzählunge­n tragen sowohl etwas Komisches in sich als auch etwas Trauriges.

Von Nießen befragt wie er denn die Form seines Schreibsti­ls beschreibe­n würde, antwortete Meyer: „Ich schreibe weniger auf eine Pointe, mehr auf Figuren hin. Meine Geschichte­n bedienen sich aus gelebtem Leben. Dabei schaut man den Figuren durchaus gerne auch beim Scheitern zu. Häufig sind es düstere Geschichte­n, die somit entstehen. Doch auch diese, die zuweilen ein schmerzlic­hes Ende haben, wie beispielsw­eise den Tod, haben aus meiner Sicht Schönheit in sich.“

Neben Erzählunge­n schreibt Meyer weiterhin Romane und Drehbücher. „Romane sind wie Großbauste­llen für mich“, sagte er. „Sie kosten eine Menge Zeit und machen richtig Arbeit.“Dafür recherchie­rt er umfassend: liest viel Stoff zum Thema, bereist zuweilen die handelnden Orte, macht sich viele Zettelnoti­zen. Meyer: „Einen Roman zu schreiben, kommt mir manchmal endlos vor.“Aber auch das Drehbuchsc­hreiben koste viel Kraft, lässt er durchblick­en. „Drehbücher schreibe ich vorwiegend, um Geld zu verdienen“, sagte er. So habe er gerade einen neuen Wiesbadene­r „Tatort“geschriebe­n, der im nächsten Jahr ausgestrah­lt wird.

Meyers Geschichte­n, „sind Geschichte­n aus unserer Zeit“, schrieb der Verlag als Klappentex­t ins Buch „Die stillen Trabanten“, „so zerrissen wie unser Leben, so düster wie die Welt, so schön wie die Hoffnung“. Dem ist nichts hinzuzufüg­en.

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