Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Auszeichnug für den Sattmacher
Kaj Binder rettet Lebensmittel vom Acker und spendet sie an Bedürftige. Nun will er dazu einen Verein gründen.
MEERBUSCH Seit über einem Jahr ist Kaj Binder aus Osterath der Sattmacher. Der 32-Jährige hat bereits vor Beginn der Pandemie seine Karriere als Tanzpädagoge und Fitnesstrainer aufgegeben, um auf einem Bio-Hof in der Landwirtschaft zu arbeiten. Dort wurde er mit der Erkenntnis konfrontiert, dass nicht nur im privaten Haushalt und in den Geschäften, sondern bereits auf dem Feld viele Lebensmittel weggeworfen werden. Seither arbeitet Binder ehrenamtlich dafür, diese Lebensmittel zu retten und bedürftigen Menschen zukommen zu lassen. Inzwischen hat sich ein Team um ihn gebildet, dass sich im Augenblick organisiert. Für ihre Bemühungen wurden die Sattmacher jetzt mit dem Preis „Gesichter für ein gesundes Miteinander“der Krankenkasse DAK geehrt.
Auf einem eigenen Acker, den ihm das Unternehmen Ackerhelden zur Verfügung gestellt hat, hat Kaj Binder in der vergangenen Saison selbst Gemüse angebaut und es gespendet. Doch der Fokus des Sattmachers liegt darauf, landwirtschaftliche Betriebe dafür zu gewinnen, ihre übrig gebliebenen Feldfrüchte zu spenden. „Wenn ein Salatkopf zu leicht ist oder eine Kartoffel schwarze Stellen hat, bleiben sie auf dem Acker, verfaulen oder werden wieder untergegraben. Der Sattmacher kennt den Grund dafür: „In der Bio-Landwirtschaft wird viel Geld für Personal ausgegeben, weil Unkraut eben gejätet werden muss, anstatt das Feld mit Herbiziden zu behandeln. Das ist ein eintscheidender Faktor beim Preis – für dieses Geld will der Kunde im Supermarkt dann aber auch besonders schöne
Ware.“Stücke mit Makeln werden daher von den Läden gar nicht erst gekauft.
Dabei gibt es viele Menschen, die sich auch über solche Lebensmittel freuen“, so Binder. Also spricht er seit einem Jahr mit Bauern, fährt Höfe an, transportiert, verteilt. Abnehmer sind beispielsweise die Tafeln, die Düsseldorfer Armenküche oder der Gutenacht-Bus.
Viele Landwirte sind gern bereit, ihre unverkäuflichen Produkte für den guten Zweck abzugeben – auch wenn dies bisweilen dazu führt, dass Binder spontan quer durchs Rheinland fahren oder innerhalb von zwei Tagen eine Transportmöglichkeit für vier Tonnen Kartoffeln finden muss. Sechs bis sieben Stunden war Kaj Binder neben seiner eigentlichen Arbeit mit diesem Projekt beschäftigt.
Und auch wenn es über den Winter auf den Äckern weniger zu tun – und abzuholen – gab, so war für ihn die Zeit doch nicht weniger stressig. „Unser Team will vorwärts kommen, wir arbeiten daran, das Projekt weiterzuentwickeln“, erklärt Binder. Ende April wollen die Sattmacher sich als Verein eintragen lassen, eine Homepage ist entstanden, neue Höfe werden als Kooperationspartner akquiriert. Wichtig ist auch, dass für die Ehrenamtler ein verbindlicher Dienstplan entsteht, um das Abholen der Lebensmittel zuverlässig und effektiv organisieren zu können.
Und Kaj Binder will sogar einen Schritt weiter gehen: „30 Stunden pro Woche in meinem Beruf auf dem Hof und dann nochmal die selbe Zeit Arbeit für die Sattmacher – das geht auf Dauer einfach nicht.“Um seine ganze Energie auf das Projekt richten zu können, will er sich selbst beim Verein anstellen. Und er hat viele Pläne: „Wir könnten einen Transporter leasen, um ohne viel Aufwand größere Mengen zu befördern“, geht es Kaj Binder durch den Kopf. Und er will das Essen, das er rettet, auch selbst zubereiten. „Mir schwebt eine Art sozialer Foodtruck vor, der beispielsweise parallel zum Düsseldorfer Gutenacht-Bus gesundes Essen an Bedürftige ausgibt“, plant der 32-Jährige. Dazu soll mindestens ein weiterer Acker auf den Feldern zwischen Meerbusch und Düsseldorf kommen, auf dem Gemüse gezielt für die Spende angebaut wird.
Für seine Arbeit wurde Kaj Binder jetzt ausgezeichnet: Im DAK-Wettbewerb „Gesichter für ein gesundes Miteinander“ist er der Landessieger in der Kathegorie „Gesunde Gesellschaft“. „Unsere Wahl fällt eindeutig auf das Projekt Sattmacher. Hier verbinden sich lebensstilorientierte Interventionen der Ernährung und Bewegung – verbunden mit einem hohen Grad an Achtsamkeit und Sorge für das Gemeinwohl“, heißt es in der Begründung der Jury. Ich persönlich finde, dass solche Preisverleihungen deswegen wichtig sind, weil sie Positives in unserer Gesellschaft sichtbar machen“, sagt Schirmherr und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Gemeinsam mit DAK-Landeschef Klaus Overdiek beglückwünschte er Binder und die Sieger der anderen Kategorien, „Gesundes Netz“und „Gesundes Leben“in einer virtuellen Siegerehrung.
Der Landessieg ist mit 300 Euro für die Initiative dotiert. Im Folgenden wird aus den Gewinnern auch der Bundessieger ermittelt, hier winken für den ersten Platz 1000 Euro.