Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Friedenspfeife oder Raketenrampe
Der Streit um Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien geht in der Groko munter weiter. Bis Sonntag soll nun eine Lösung her.
BERLIN Freitag soll in der Groko wieder Tag der Friedenspfeife werden. Dann werden Union und SPD versuchen, einen ihrer Dauerstreitpunkte auszuräumen: die Rüstungsexporte deutscher Konzerne nach Saudi-Arabien. Spätestens bis Sonntag will die Koalition entscheiden, ob sie den Rüstungsexportstopp nach Saudi-Arabien, den die Bundesregierung im November als Reaktion auf den Mord an dem saudischen Regimekritiker Jamal Khashoggi verhängt hatte, auslaufen lässt oder verlängert. Zuletzt hatten sich CDU, CSU und SPD auf eine Fristverlängerung bis Ende März verständigt. Jetzt geht das schwarz-rote Fingerhakeln in eine nächste Runde.
Dabei ist der Koalitionsvertrag eindeutig. „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“, heißt es. Saudi-Arabien führt im Jemen-Krieg eine internationale Militärallianz gegen die Huthi-Rebellen an. SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagte, es gebe kaum Hoffnung, „dass wir demnächst für den Jemen eine Waffenruhe und schon gar nicht Frieden sehen werden“. Deswegen bestehe die SPD darauf, „dass eingelöst werden muss, was im Koalitionsvertrag steht, eben keine weiteren Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, wenn sie denn im Jemen-Krieg eingesetzt werden“. Zuletzt hatte SPD-Chefin Andrea Nahles beim Europa-Konvent eine Verlängerung des Embargos für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien ins Spiel gebracht – für weitere sechs Monate. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und CSU-Chef Markus Söder hatten der SPD eine „sehr einseitige und vorzeitige Festlegung“vorgehalten und betont, die Motivation von Nahles sei „eher dem Wahlkampf geschuldet“. Das Wort der drei Parteichefs hat Gewicht, aber weder Kramp-Karrenbauer, Söder noch Nahles sind Teil der Bundesregierung und haben auch keine Stimme im Bundessicherheitsrat, der Waffenexporte genehmigen muss.
SPD-Außenpolitiker Mützenich will von der Bundesregierung wissen, „was es an neuen Erkenntnissen gibt, was sich seit dem Mord an Khashoggi verändert hat, um überhaupt zu Lockerungen zu kommen“. Mützenich verweist auf ein Mehrheitsvotum des US-Senats aus der vergangenen Woche, wonach das Gremium US-Präsident Donald Trump empfiehlt, die militärische Unterstützung für Saudi-Arabien im Jemen-Krieg zu stoppen. Der Rüstungsexportzoff geht also weiter, obwohl sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auch verständigt hatten: „Wir schärfen noch 2018 die Rüstungsexportrichtlinien aus dem Jahr 2000.“Die SPD versteht unter „Schärfen“strenge Standards. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) betont, mit „Schärfen“sei eine Präzisierung der Rüstungsexportrichtlinien gemeint, kein „Verschärfen“.Die Union befürchtet Ärger, weil Partner wie Frankreich oder Großbritannien, mit denen Deutschland Rüstungsprojekte plane, Wettbewerbsnachteile für eigene Waffenkonzerne an Deutschlands zögerlicher Rüstungsexportpolitik festmachen könnten. Die wachsende Politisierung der deutschen Debatte über Rüstungsexporte trage dazu bei, die europäische Zusammenarbeit bei der Verteidigung zu gefährden, schrieb die französische Botschafterin in Deutschland, Anne-Marie Descotes, in einem Beitrag für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik.
Linke-Fraktionsvize Sevim Dagdelen fordert Standhaftigkeit: „Die Bundesregierung muss gegenüber Paris auf eine Beachtung des Waffenexportstopps an die islamistische Kopf-ab-Diktatur in Saudi-Arabien dringen.“Sollte die Union auf einem Ende des Rüstungsexportstopps bestehen, könnte der Dauerstreit in der Koalition eskalieren. (mit kna)