Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die Geister, die der Basketball rief
Die Bundesliga freute sich 2011, als der FC Bayern München aufstieg. Von so einem Namen würden alle profitieren, dachte sie. Nun droht der Klub aber zu einem Problem zu werden – weil die anderen nicht mehr mithalten können.
DÜSSELDORF Die Tabelle lügt nicht. Sie erteilt Auskunft darüber, wie die Kräfteverhältnisse in einer Liga sind. In der Basketball-Bundesliga (BBL) ist das sehr eindeutig. Der FC Bayern Basketball steht ganz oben. Erst eines von 21 Saisonspielen haben die Münchner verloren, der Zweite aus Oldenburg vier Spiele, der Aufsteiger und Überraschungsdritte aus Vechta sechs. Die Bayern sind in dieser Saison nach Anlaufschwierigkeiten dort angekommen, wo sie seit dem Bundesligaaufstieg in der Saison 2011 hin wollten: allein an der Spitze.
Wegen der Bayern steckt die Basketball-Bundesliga gewissermaßen in der Zwickmühle: Einerseits freuten sich die Vereine über die Marke, die der FCB in Europa ist. Durch das Engagement der Münchner bekommt der Basketball in Deutschland mehr Aufmerksamkeit, der Sport wird für Sponsoren attraktiver. Mehr denn je droht der Bundesliga aber Langeweile: Die Bayern sind der Klub, der mit Abstand das meiste Geld mitbringt, derzeit sieht es nicht so aus, als könne eine Mannschaft den Süddeutschen langfristig Paroli bieten im Kampf um die Meisterschaft. Serienmeister Bamberg hat finanzielle Probleme und deswegen angekündigt, in Zukunft kürzer treten zu müssen. Alba Berlin hat zwar eine starke Mannschaft beisammen, aber einfach deutlich weniger Geld. Belastbare Zahlen gibt es nicht, Schätzungen zufolge aber liegt der Etat der Bayern bei etwa 20 Millionen Euro, der von Alba bei zehn Millionen.
Ihr vieles Geld hat die Basketball-Abteilung Bayern-Präsident Uli Hoeneß zu verdanken, der mit seinem riesigen Netzwerk der Antreiber des ehrgeizigen Projekts ist. Hoeneß ist regelmäßig in der Halle, dem 6700 Zuschauer fassenden Audi Dome, den die Bayern bald in Richtung Münchner Olympia-Park verlassen werden. Dort wird Red Bull eine 11.500 Zuschauer fassende Arena bauen, in der die Münchner Mieter werden. Damit haben die Bayern nach Alba Berlin (14.500 Zuschauer) auch noch die größte Halle mit den besten Vermarktungsmöglichkeiten. Es ist ein weiterer Baustein der angepeilten Dominanz.
Dass der Kampf um die Meisterschaft zum Einschlaflied zu verkommen droht, fürchtet Wolfgang Wiedlich, Präsident der Telekom Baskets Bonn, dem einzigen Team aus Nordrhein-Westfalen in der BBL, trotzdem nicht. „Bamberg und Berlin können München trotzdem weiter Paroli bieten, wie zuletzt im Pokal, da stand München nicht einmal im Endspiel. Das zeigt, dass bei aller wirtschaftlicher Dominanz sportliche Überraschungen weiter möglich sind“, sagt er. Wiedlich, der im Hauptberuf Redakteur beim Bonner General-Anzeiger ist, sagt aber auch: „Überraschungen sind eben Überraschungen und finden selten statt.“Obwohl er es nicht ausspricht, ist deutlich zu hören: Die Basketball-Freunde werden sich ziemlich sicher mit mehr Langeweile im Meisterschaftsrennen anfreunden müssen.
Dieser Zustand dürfte viele Macher in der Basketball-Bundesliga frustrieren. Die Bonner etwa haben das Kunststück vollbracht, eine eigene Halle zu finanzieren. Es war ein finanzieller Drahtseilakt, der gut ging. 6000 Zuschauer passen in den schmucken Telekom Dome. Ohne den Dome, sagt Wiedlich, würde es in der ehemaligen Hauptstadt wohl keinen Erstliga-Basketball mehr geben. Trotz der Halle sind die Bonner, fünfmal Vizemeister, wirtschaftlich so gut wie abgehängt. So geht es den meisten anderen Vereinen. Besonders die kleinen Standorte wie Weißenfels, Crailsheim oder Jena haben es schwer. Ihre Hallen fassen nur etwas mehr als 3000 Zuschauer, es gibt deutlich weniger Sponsoren vor ihrer Haustür als im schicken München. Das Problem: Sponsorengelder und Zuschauereinnahmen sind die größten Einnahmequellen der Klubs in Deutschland. Fernsehgelder spielen eine untergeordnete Rolle.
Und was sagt die BBL? „Bayern München ist ein Glücksfall für die Liga“, findet Geschäftsführer Stefan Holz. „Sie füllen auswärts die Hallen, haben die besten TV-Quoten und bringen ihre Marke sowie ihr Netzwerk ein.“Dass die Bayern zu dominant werden könnten, befürchtet er
nicht. Das sei in der Vergangenheit auch nicht der Fall gewesen. Bayern war trotz der finanziellen Mittel seit dem Wiederaufstieg nur zweimal Meister. „Ich bin, was die Zukunft angeht, gelassen“, sagt Holz. „Die Bayern wollen auch in Europa oben angreifen. Die Belastung für die Münchner wird enorm sein.“Das könne für die anderen Teams in der BBL ein Vorteil im Meisterschaftskampf sein.
In der Euroleague, dem Pendant zur Champions League im Fußball, kämpfen die Münchner um eine A-Lizenz. „Das ist unser Ziel“, stellt Hoeneß unmissverständlich klar. „Das ist etwas, was beide Seiten wollen“, sagt Euroleague-Chef Jordi Bertomeu. Zur Erklärung: Teams mit einer A-Lizenz in der Euroleague müssen sich nicht erst für den Wettbewerb qualifizieren, sie dürfen auch dann teilnehmen, wenn sie national nur Zehnter werden. Eine solche A-Lizenz bekommt nur, wer über Jahre sportlich, den Etat betreffend und medial Spitze ist. Elf Teams haben sie schon, 16 Teams gibt es in der Liga aktuell, ab der kommenden Saison 18. Dass es solche Lizenzen gibt, zeigt, wohin die Macher der Euroleague wollen: Sie hätten es am liebsten, dass die Liga eine Art europäische Superliga wird. Dass sich die Bayern, aktuell Neunter in der Euroleague, aus dem nationalen Titelkampf verabschieden könnten, hält Wiedlich für ausgeschlossen. „Eher werden sie zwei Teams unterhalten, eines für die Euroleague, eines für die BBL“, sagt er.
Die Bayern könnten das tatsächlich.