Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Feindbild RB
Düsseldorf spielt am Sonntag in Leipzig. Nur 1000 Fortuna-Anhänger unterstützen ihren Klub – die aktive Fanszene boykottiert RB. Fanforscher Michael Gabriel glaubt aber, dass die Protestwelle in Zukunft abebben wird.
Die Anhänger von Fortuna Düsseldorf gelten generell als reisefreudig. Die Gästeblöcke der Republik sind eigentlich immer gut gefüllt, wenn die Rot-Weißen anreisen. Doch am Sonntag machen sich nur rund 1000 Fans auf den Weg zum ersten Auswärtsspiel nach dem Bundesliga-Aufstieg. Die aktive Fanszene hat zum Boykott aufgerufen. Denn es geht nach Leipzig. Und der dort ansässige Klub RB ist für die meisten Anhänger eines Traditionsvereins wie Fortuna noch unbeliebter als der unbeliebteste Lokalrivale.
„RB symbolisiert für die aktiven Fans einen Hauptkritikpunkt am Fußball, da der Verein die 50+1-Regel aushebelt“, erklärt Michael Gabriel, der die Koordinationsstelle Fanprojekte leitet, im Gespräch mit unserer Redaktion. Für die aktiven Fans gilt RB – das aufgrund von DFB-Richtlinien für Rasenballsport stehen muss, dessen Name aber auf den im Hintergrund agierenden Konzern Red Bull hinwiesen soll – wegen seiner Vereinsstruktur als Feindbild des klassisch gewachsenen Fußballvereins. Die Satzung des RasenBallsport Leipzig e.V. ist nicht öffentlich einsehbar. Gesichert ist, dass die Hürden, um ein stimmberechtigtes Mitglied des Vereins zu werden, sehr hoch sind. Unter anderem liegt der Mitgliedsbeitrag bei 800 Euro pro Jahr, die Aufnahmegebühr bei 100 Euro. Im Jahr 2016 waren gerade einmal 17 Personen stimmberechtigte Mitglieder bei RB, denen zudem allesamt Verbindungen zum Red-Bull-Konzern nachgesagt werden. Zum Vergleich: Fortuna hat mehr als 23.000 stimmberechtigte Mitglieder.
Die Anhänger mehrerer Bundesliga-Vereine lehnen daher einen Besuch in der Red Bull Arena strikt ab. So auch die aktive Fanszene Fortunas. „Nun haben wir uns bereits 2015 dazu entschlossen, RB keine weitere Bühne zu bieten, und daran wird sich auch beim kommenden Auswärtsspiel in Leipzig nichts ändern“, heißt es in einer Stellungnahme der Ultras Düsseldorf bei Facebook, die stattdessen das Spiel in der Vereinsgaststätte im Düsseldorfer Stadtteil Flingern verfolgen werden. „Macht aus der Entscheidung kein Drama, aber das Publikum, das brav klatscht, sind wir nun mal nicht – wollen und können wir auch nicht sein“, heißt es weiter.
Es gibt allerdings nicht nur positive Reaktionen auf den Protest. Neben andersdenkenden Fans ist auch Trainer Friedhelm Funkel nicht erfreut darüber, dass dadurch nur so wenige Anhänger die Reise nach Sachsen auf sich nehmen. „Es ist schade, dass nicht mehr mitfahren. Wir hätten uns über mehr Unterstützung gefreut“, sagt der Coach. Auch Linksverteidiger Niko Gießelmann sagte der „Bild“: „Wir brauchen Unterstützung – vor allem weil wir Außenseiter sind. Es wäre schön, wenn so viele Fans wie möglich kommen, die Antipathie Leipzig gegenüber beiseite schieben und uns in den Vordergrund stellen. Das würde uns pushen.“
Fanforscher Gabriel glaubt ohnehin, dass die Protestwelle in den kommenden Jahren abebben wird. „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Leipzig in 20 Jahren ähnlich akzeptiert ist wie Leverkusen oder Wolfsburg. Ich halte das sogar für eher wahrscheinlich“, sagt er. „Denn mit Leipzig geht ein besonderer Aspekt einher, der zur Akzeptanz beitragen kann: RB hat die Möglichkeiten, einen sportlichen Gegenpol zum sehr dominanten FC Bayern zu stellen. Leipzig ist dadurch eine Hoffnung für eine spannendere Liga.“
Dass Leipzig schon in der Anfangsphase dieser Saison diesen Gegenpol bilden kann, will Fortuna verhindern. „Wir müssen uns wehren“, sagt Funkel. RB hat sein Auftaktspiel mit 1:4 in Dortmund verloren, zitterte sich am Donnerstag mit einem 3:2 gegen den ukrainischen Außenseiter Sorja Luhansk in die Gruppenphase der Europa League. „Ralf Rangnick will beim Gegner viel Unruhe stiften mit seiner aggressiven Spielweise“, sagt Funkel. „Wir müssen die ersten Pressingversuche überspielen, dann ist es möglich, sie zu ärgern. Das ist sehr schwierig, aber machbar.“Zur Kritik an einer zu defensiven Aufstellung bei der 1:2-Auftaktniederlage gegen den FC Augsburg entgegnete Funkel: „Das ist völliger Quatsch. Ich weiß ganz genau, wie ich aufstelle. Mit einer anderen Aufstellung hätten wir vier oder fünf Tore kassiert.“