Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Der Traum vom „Fliewatüüt“lebt
Da man auf den Straßen kaum mehr vorankommt, gehen die Autohersteller in die Luft oder ins Gelände. Fantasie und Wunschdenken sind zwar auch im Spiel, dennoch: Die ersten Sonderlinge kann man schon kaufen.
Feierabendverkehr, Stop-andgo, Staus: Das ist zum In-dieLuft-gehen. Menschen wie Jörg Astalosch wollen diese Redewendung bald wörtlich nehmen. Der Chef der Ideenschmiede Italdesign hat zuletzt gemeinsam mit Audi und Airbus ein Fahrzeugkonzept gezeigt, mit dem man dem Stau die kalte Schulter zeigt und immer mobil ist.
Der Pop Up Next ist ein autonomer Kleinstwagen, der sich bei zu dichtem Verkehr an eine Art unbemannten Helikopter andocken, seinen Fahrschemel am Boden lassen und dann mit elektrischen Rotoren abheben kann. Der Pop Up hatte im März bereits seinen zweiten Auftritt beim Genfer Autosalon und trägt mittlerweile die Audi-Ringe. Die Schwestermarke Porsche hat in der Branchenzeitung „Automobilwoche“ähnliche Planungen angedeutet.
Mit dieser Idee sind Airbus, Audi und Italdesign nicht alleine, wie eine Handvoll solcher Autos in Genf bewies. Flugfahrzeuge, Schmalspurflitzer, Robotaxen und extrem geländegängige Offroad-Modelle erinnern an das „Fliewatüüt“aus der bekannten Kinderfilmserie „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“. Das Auto ist zumindest in der Fantasie der Entwickler nicht allein auf der Straße zu Hause, sondern zu Lande, zu Wasser und in der Luft.
Bereits Realität ist der Liberty der niederländischen Firma PAL-V. Auf seinem Dach trägt der Zweisitzer einen ausklappbaren Rotor mit einem Durchmesser von elf Metern, mit dem er abheben kann. Und anders als der Pop Up ist der am Boden mit seinem 74 kW/ 100 PS starken Motor immerhin 160 km/h und in der Luft bis zu 180 km/h schnelle Zwitter kein Konzept und keine Vision mehr, sondern ein Serienmodell. 2019 sollen für knapp unter 400.000 Euro die ersten Kundenfahrzeuge ausgeliefert werden.
Während Pop Up und Liberty in die Luft gehen, suchen Fahrzeuge wie der Sbarro 4x4+2, der Hyundai Kite oder der Chelsea Truck einen ande- ren Ausweg aus dem Verkehrschaos und wechseln einfach in die Wildnis. Als extreme Geländefahrzeuge mit erweitertem Aktionsradius setzen sie damit einen Kontrapunkt zu der Schwemme an SUV- und gestaltete Elektro-Showcar taugt nicht nur für den Strand, kann mit einer Turbine auf dem Wasser fahren und lässt sich mit wenigen Handgriffen in ein Schneemobil umbauen.
Eine dritte Alternative gegen das Verkehrschaos ist der in der Schweiz entwickelte Qooder. Er soll das Beste aus zwei Welten vereinen. So schmal und agil wie ein Motorrad und mit vier, durch eine spezielle Steuerung in der Seite neigbaren Rädern so sicher wie ein Auto, soll man mit dem offenen Zweisitzer lässig durch den Stau surfen, verspricht Firmenchef Paolo Gagliardo.
Wem das alles zu wild oder zu gewagt ist, den lockt die Autoindustrie einmal mehr mit Roboter-Fahrzeugen. Dazu gehören die Studie Renault EZGO für den autonomen Nahverkehr und ID Vizzion als Ausblick auf ein selbstfahrendes VW-Flaggschiff. Vision Concept stammt von der als elektrische Rolls-Royce-Konkurrenz wiederbelebten britischen Luxusmarke Lagonda.