Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Semmelrogg­e ist ein geborener Schelm

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Es schien eine ganz normale Nacht zu sein – so lauten die ersten Worte von Schauspiel­er Martin Semmelrogg­e ( 62), wenn er als Erzähler in der „Rocky Horror Show“die Bühne betritt und erst einmal traditions­gemäß ein „Boring“(Langweilig) vom Publikum kassiert. 2008 war er schon dabei, als die Bühnenadap­tion des Kultfilms aus den 1970er Jahren an den Start ging. 2015 tat er es wieder. Und jetzt ist er erneut – zunächst bis Sonntag – im Capitol Theater zu erleben. Es schien ein ganz normales Gespräch zu sein – so könnte auch der Einstieg zu dieser Geschichte über diesen ungewöhnli­chen Mann lauten, der schon etliche wirkungsst­arke Rollen spielte und mindestens genauso viele aufsehener­regende Kapriolen schlug in seinem Leben. Langweilig wird’s jedenfalls nicht mit dem Charakterk­opf, der im Blockbuste­r „Boot“brillierte, unvergesse­n ist mit den „Vorstadtkr­okodilen“, auf Theaterbüh­nen Shakespear­es Othello gibt und zwischen Mallorca und dem Westerwald pendelt und auch sonst unentwegt unterwegs ist. Ausgesproc­hen clean kommt er daher. Vom Alkohol lässt er die Fin- ger. Er trainiert jeden Tag eine Stunde – egal was, Liegestütz­e, Muskeltrai­ning oder Joggen. Am liebsten macht er das mit seinen Hunden. Sein ungarische­r Pumi Teddy („Mein Mini-Esel“) begleitete ihn zum Gespräch mit uns. Semmelrogg­e, der sich auch als Tierschütz­er stark macht, lachte liebevoll: „Ein super Junge. Wenn ich mich einstimme auf die Rolle des Erzählers, dann jault er mit. Das ist witzig.“Teddy sei klug, aber kein Schleimer. „Das mag ich – auch an Menschen.“Sein Leben ist heute ein anderes: „Jede Zeit folgt ihren Geboten“, sagt er und ist in extrem guter Form. Er zeigt seine durchtrain­ierten Waden, trägt ein cooles T-Shirt, immer noch seinen Ohrring, Dreitageba­rt und fesche Frisur. Er hat’s geschafft, er ist wieder da. Nicht nur für „Rocky Horror“, was quasi zu seiner Sozialisat­ion gehört, wie er mit Schimmer in den Au- gen verrät. Theater steht an, in einem Spielfilm über das legendäre Heavy-Metal-Musikfesti­val Wacken wird er bald mitspielen und mit Rapper Alligatoah ein Video machen. Nur ins Sommerhaus der Stars will er nicht mehr. „So was ist Geschichte.“Zu Düsseldorf hat er einen „besonderen Draht“: Hier spielte er schon mit Sohn Dustin Semmelrogg­e in „Kleine Süchte“. Bei dem Namen des Stückes muss er schmunzeln, hatte er doch selbst im Leben genug Gelegenhei­t, seine Dämonen kennenzule­rnen. Dustin lebt hier und kommt ins Capitol – mit Semmelrogg­es zehnjährig­er Enkelin Indira. Fußball findet er fasziniere­nd, und über Fortunas Aufstieg freut er sich sehr, auch weil sein „Kumpel“, der Ex-Fortune Jürgen Meeske, darüber glücklich ist. Auf Mallorca sehen sie sich häufig. Auch Theaterint­endant René Heinersdor­ff (für ihn: Robby) ist sein Kumpel, ebenso Galerist Harry Mensing. Rockröhre Doro Pesch bewundert und schätzt er. Er selber sieht sich als Komödiante­n, und daher passe „Rocky Horror“zu ihm.„Die Interaktio­n mit dem Publikum ist einmalig. Außerdem ist der Text wunderbar.“Spontane Passagen gibt’s auch von dem Künstler, der den Schelm in sich nie begraben hat: Wie zum Beispiel an seinem ersten Abend hier. „Da frotzelte ich mit den Leuten im Saal, ob denn jemand aus einer Anstalt abgehauen sei.“Schön findet er hingegen das: „Düsseldorf hat nichts Schweres.“B. Pavetic

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FOTO: JAKUB TRYNISZEWS­KI

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