Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mittelstand präsentiert sich stark wie selten
Trotz politischer Unsicherheiten strotzen die Mittelständler derzeit nur so vor Kraft. Doch sie müssen Herausforderungen wie die Digitalisierung und den Fachkräftemangel bewältigen. Gerade unter diesem leiden sie schon.
Der Gesamtwirtschaft geht es derzeit sehr gut, und das spiegeln auch Zahlen für den deutschen Mittelstand. In einer umfassenden Studie haben die DZ Bank und der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) Lage, Stimmung und Herausforderungen zusammengetragen. Die Daten bestätigen auch für NordrheinWestfalen Trends, wie sie der Ifo-Geschäftsklimaindex und andere Erhebungen ebenfalls beschreiben.
„Die Verfassung des Mittelstandes ist nach wie vor gut“, kommentiert Thomas Löcker, Bereichsleiter Firmenkundengeschäft West der DZ Bank, den Mittelstandsbericht aus seinem Haus. Als eine Ursache sehen die Marktexperten die guten binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einer kräftigen Inlandsnachfrage, einem andauernden Wohnungsbauboom, einer positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt und weiter wachsenden privaten Konsumausgaben. „Neben dem Bau sollten insbesondere der (Einzel-)Handel, die Dienstleistungsunternehmen sowie das Ernährungsgewerbe von dieser Entwicklung weiter profitieren können“, heißt es in der Studie.
Unklare Perspektiven wegen des Brexits und der als unberechenbar wahrgenommenen Politik der neuen US-Regierung trüben die positiven Lageeinschätzungen und Erwartungen der Unternehmer nicht. Sie machen sich allerdings Sorgen deswegen, beobachtet Löcker: „Die politischen Unruhen weltweit werfen für die Unternehmer Fragen auf: Wie entwickeln sich die Exportmärkte? Verteuern sich die Rohstoffimporte?“Man befürchte aber keine Einschläge wie etwa durch die Sanktionen gegen Russland und den Iran.
Ein paar Zahlen aus der Mittelstandsstudie: „Die mittelständischen Unternehmen haben ihre derzeitige Geschäftslage seit dem Start unserer Mittelstandsumfrage vor 22 Jahren noch nie so gut bewertet wie zurzeit“, heißt es darin. „Der Saldo aus positiven und negativen Antworten stieg von 74,0 Punkten im Herbst vergangenen Jahres auf mittlerweile 77,1 Punkte. Damit übertrifft er seinen langjährigen Durchschnittswert in Höhe von immerhin 41,1 Punkten sehr deutlich.“Nicht ganz so optimistisch zeigen sich indes Mittelständler der Elektroindus- trie, des Metall-, Automobilund Maschinenbaus sowie des Ernährungsgewerbes.
Die grundsätzlich positive Lagebewertung trägt dazu bei, dass sich die tatsächliche Entwicklung auf hohem Niveau fortsetzt: „Nachdem die Investitionsneigung der mittelständischen Unternehmen in unserer Herbstumfrage noch leicht rückläufig gewesen war, ist sie nun wieder etwas gestiegen“, sagen die Experten. „So planen nach 80,7 Prozent vor einem halben Jahr nun 81,1 Prozent der Befragten in den nächsten sechs Monaten in ihr Unternehmen zu investieren.“
Die mittelständischen Unternehmen in Deutschland wollen auch in den nächsten sechs Monaten ihren Personalbestand weiter aufstocken. Doch dieses Thema erweist sich als einer der Knackpunkte in der Entwicklung. „Der Fachkräftemangel wird als wachsendes Problem wahrgenommen“, stellt Löcker fest. Nach seiner Beobachtung investieren viele Unternehmen hier in ihre Zukunftssicherung, in Weiterbildung und zum Beispiel auch in Mitarbeiter, die studieren. „Unternehmen müssen das Thema Fachkräfte unter der Wachstumsperspektive sehr ernst nehmen“, rät Löcker.
Dies gilt auch für ein weiteres Thema der Zeit: die Digitalisierung. Hier stellt Löcker fest, dass die Relevanz angekommen ist: „Digitalisierung ist in vielen Unternehmen Chefsache“, und das sei auch gut so. Bei der konkreten Ausgestaltung legen die Unternehmen unterschiedliche Schwerpunkte, sagt Löcker: Einige bemühen sich insbesondere bei der Prozessoptimierung, andere verstärkt um die Vernetzung mit Kunden, Lieferanten und Banken. Daher hat auch die DZ Bank das Thema priorisiert. In einem „Innovation Lab“wer- den Anwendungen und Produkte entwickelt, die die Zusammenarbeit mit den Kunden in der digitalen Welt intensivieren.
Beim Thema Finanzierung sind die Mittelständler gut aufgestellt. „Sie achten auf einen guten Finanzierungs-Mix“, sagt Löcker. Laut der Mittelstandsstudie „haben sich die Eigenkapitalquoten der mittelständischen Unternehmen stetig auf mittlerweile über 27 Prozent verbessert und die Bilanzqualität bleibt beständig auf einem hohen Niveau. Allein dadurch sind die mittelständischen Unternehmen besser gerüstet für zukünftig möglicherweise auf sie zukommende Risiken als je zuvor.“
Die Unternehmen bevorzugen zur Deckung des Finanzierungsbedarfs nach wie vor den Bankkredit: „Immerhin 85,5 Prozent der Mittelständler, die einen Finanzierungsbedarf angemeldet haben, planen hierfür ganz oder zumindest teilweise einen Kredit bei der Bank aufzunehmen.“
Die mittelständischen Unternehmen wollen ihren Personalbestand weiter
aufstocken
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