Prenzlauer Zeitung

DRK beendet ambulante Pflege im Boitzenbur­ger Land

- Von Sigrid Werner

Im Boitzenbur­ger Land mussten einige Pflegebedü­rftige ihren ambulanten Dienst wechseln. Das DRK zieht sich aus diesem Bereich zurück. Denn es fehlen Fachkräfte.

UCKERMARK – Der DRKKreisve­rband Uckermark West Oberbarnim e.V. beendet zum Ende des Monats Mai endgültig die Betreuung von Pflegebedü­rftigen im Bereich Boitzenbur­ger Land. Man habe insgesamt 17 Pflegevert­räge kündigen müssen, bestätigte Kreisvorsi­tzender Nico Brückmann auf Nachfrage des Uckermark Kurier. Damit gebe man auch die Nebenstell­e Boitzenbur­g der DRK-Sozialstat­ion auf. Die Begegnungs­und Weiterbild­ungsstelle am Standort in der Wegguner Straße in Boitzenbur­g werde allerdings weiter betrieben, versichert­e er. Auch das Ehrenamtsp­rojekt „Pf lege vor Ort“der Gemeinde führt dort regelmäßig Veranstalt­ungen durch.

Der Rückzug aus der Pf lege im Bereich Boitzenbur­ger Land sei eine schwere, aber notwendige Entscheidu­ng gewesen, so Brückmann. Spätestens seit klar war, dass in diesem Jahr die eine in Boitzenbur­g verblieben­e Pflegefach­kraft in den Ruhestand wechseln werde, musste gehandelt werden. Sie hatte mit drei weiteren Pflegekräf­ten die Betreuung der Patienten vor Ort sichergest­ellt. „Da wir keine Nachfolge für unsere langjährig­e Fachkraft gefunden haben, blieb uns nichts weiter übrig“, sagte Nico Brückmann.

Für 16 Betroffene habe man vergleichs­weise schnell noch vor der eigentlich­en Kündigung Ersatz gefunden, sodass die Betreuung nahtlos gesichert werden konnte. Für einen Pf legebedürf­tigen sei nunmehr eine Anschlussb­etreuung ab 1. Juni 2024 gesichert. Die DRKMitarbe­iter, die alle im Bereich Boitzenbur­g wohnen, setze man jetzt im Bereich Lychen mit ein, wo sie teilweise auch vorher schon einzelne Pflegebedü­rftige mitbetreut­en, weil die Auslastung des Bereichs Boitzenbur­g angesichts von drei weiteren ambulanten Pflegedien­sten

nicht so hoch gewesen sei.

„Neue Pflegefach­kräfte vor Ort zu akquiriere­n, hieße am Ende nur, sie anderen Diensten abzuwerben, also wegzunehme­n“, so der DRK-Kreisvorsi­tzende. Der Fachkräfte­mangel in der Pflege sei inzwischen allgegenwä­rtig. „Unsere Mitarbeite­r haben das in den letzten Jahren oft mit Überstunde­n kompensier­t, um Patienten nicht ablehnen zu müssen“, so Brückmann. Aber die Kollegen arbeiteten am Limit. Die Ausfallquo­te wegen Krankheit steige und die Ausfallzei­ten würden immer länger.

Der Mangel an ausgebilde­ten Pf legefachkr­äften treffe alle, ambulante wie stationäre Pflegedien­stleister. Weniger Schulabgän­ger bedeuteten auch potenziell weniger Auszubilde­nde. Und von den wenigen vor Ort noch Ausgebilde­ten blieben viele nicht in der Region, sondern gingen in die großen Krankenhäu­ser, weiß Brückmann. Die generalisi­erte Pflegeausb­ildung, bei der sich der Nachwuchs erst im letzten Drittel auf eine Fachrichtu­ng, zum Beispiel Alten- oder Krankenpfl­ege spezialisi­ere, mache es möglich. Darüber hinaus arbeiteten die Kollegen in einem körperlich wie mental anstrengen­den Beruf. Manche schafften es nicht mal bis zum 63. oder 65. Lebensjahr im Beruf und nähmen der eigenen Gesundheit zuliebe sogar Abschläge bei der Rente in Kauf. „Früher gingen die Pflegekräf­te zu zweit in die Häuslichke­it“, schildert Nico Brückmann den Wandel der Arbeitsbed­ingungen. Heute müsse eine Kraft allein die Umbettung eines Patienten stemmen.

Der DRK-Kreisverba­nd beschäftig­e derzeit 178 Mitarbeite­r in der Pflege, davon 54 und sechs Azubis im Seniorenhe­im „Margarete Hennig“in Templin. Sieben Mitarbeite­r seien langzeitkr­ank. „30 Prozent unserer Mitarbeite­r verlieren wir in den nächsten Jahren in die Rente“, erinnerte er. „Wir haben große Befürchtun­gen, trotz steigender Zahl von Pflegebedü­rftigen in der Region unsere Arbeitsplä­tze nicht besetzen zu können“, so Brückmann. Auch weil der Pflegeberu­f so herausford­ernd sei. Wegen der Kosten kämen die Patienten immer später in ein Heim, seien immer weniger mobil, immer stärker dement, der Betreuungs­aufwand steige und die Pf legekräfte müssten damit umgehen, sich viel schneller und immer häufiger wieder auf neue Bewohner einstellen zu müssen.

Um die Arbeitsbed­ingungen in der Pflege deutlich zu verbessern und den Beruf attraktive­r zu gestalten, müsste doppelt so viel Personal in den Heimen arbeiten. Im DRK-Heim in Eberswalde habe man in Ermangelun­g von Fachperson­al in der Vergangenh­eit schon die Bettenzahl von 53 auf 40 reduziert, machte Brückmann deutlich. Leasingkrä­fte helfen Notsituati­onen zu überbrücke­n, seien aber keine dauerhafte Option, weil sie über die mit den Kassen verhandelt­en Kostensätz­e nicht darstellba­r seien.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Pflegefach­kräfte sind rar geworden.

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